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EU-Kommissar Günther Oettinger sieht sich schon vorab mit heftiger Kritik konfrontiert.

Foto: APA/EPA/Hoslet

Internetaktivisten haben am Mittwoch ungewöhnlich scharf auf die Pläne der EU-Kommission für eine Urheberrechtsreform reagiert. Die Ideen der Kommissare Günther Oettinger (Digitales) und Andrus Ansip (Digitalmarkt) seien "Gift für die Meinungsfreiheit, für europäische Unternehmen und für Kreativität", sagte Joe McNamee von der European Digital Rights Initiative (edri). Er könne sich "keinen schlechteren Vorschlag vorstellen". Verleger- und Verwertungslobbys hätten fast alles bekommen, während der Rest leer ausgehe, kommentierte der Urheberrechtsexperte Leonhard Dobusch auf dem Blog netzpolitik.org. Denselben Tonfall schlug der Verband der Internetwirtschaft (Ispa) ein.

Starkes Leistungsschutzrecht geplant

Kritisiert wird, dass die EU-Kommission vor allem die Rechte von Konzernen stärke, während moderne Nutzungsgewohnheiten illegal bleiben. So plant Oettinger ein 20 Jahre lang gültiges Leistungsschutzrecht für Inhalte. Inhaltsanbieter müssen zahlen, wenn sie fremde Produktionen auch nur ausschnittsweise auf ihrer Seite zeigen. Außerdem müssen Provider automatisiert prüfen, ob Nutzer urheberrechtlich geschütztes Material hochladen. "Hosting-Provider werden wieder in eine Richterrolle gedrängt", sagt Ispa-Generalsekretär Maximilian Schubert.

Keine Pläne zu Aus für Geoblocking

Keine Rede war in dem vorab durchgesickerten Entwurf hingegen von einem Ende des Geoblocking. So wird die Praxis genannt, Inhalte eines abonnierten Diensts zu sperren, sobald sich der Nutzer im EU-Ausland befindet. Sein Versprechen, Geoblocking zu stoppen, habe er aber nicht vergessen, versicherte Ansip. Diese Reform werde jedoch "schrittweise" erfolgen. Die EU-Kommission dürfte der Telekomindustrie entgegengekommen sein, damit diese in den Ausbau des neuen Mobilfunkstandards 5G investiert. Ansip erwartet sich, dass die Branche einen Großteil der für den Ausbau kalkulierten 500 Milliarden Euro stemmt.

"Wir schaffen Deregulierungen, um Investitionen zu ermöglichen", sagte Oettinger offen. In den USA, wo Facebook und Google enge Beziehungen zur Politik pflegen, dürften die Vorschläge für Ärger sorgen. Google kritisierte das Leistungsschutzrecht in einem Blogbeitrag bereits am Mittwochnachmittag heftig. Künftig könnten europäische Medien von Google News ausgeschlossen werden, damit Google nicht zahlen muss. Aber: "Wir Europäer stellen tolle Autos her, die 180 km/h fahren können", so Oettinger. "Diese müssen sich auch an das Tempolimit auf US-Autobahnen halten." (Fabian Schmid, 14.9.2016)