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Der für sein gentechnisch verändertes Mais-Saatgut bekannte Konzern Monsanto wird von Bayer geschluckt.

Foto: dpa/Pleul

Wien / Leverkusen / St. Louis – Das im Mai angekündigte Vorhaben des deutschen Chemieriesen Bayer, den US-Konkurrenten Monsanto zu übernehmen, kommt zu einem Abschluss. Die Unternehmen unterzeichneten eine bindende Fusionsvereinbarung, die Bayer die Übernahme von Monsanto für 128 Dollar (rund 114 Euro) je Aktie in bar ermöglicht. Damit lässt sich Bayer den Zukauf 66 Milliarden Dollar kosten; es ist der größte Zukauf, den ein deutscher Konzern jemals im Ausland getätigt hat.

Der Deal macht Bayer weltweit zur Nummer eins im Geschäft mit Agrochemie. Konsumentenschützer kritisierten das Vorhaben prompt. Schlüsselelemente der Nahrungsmittelversorgung würden nun in die Hand von Bayer gelangen, Bauern müssten sich auf höhere Preise einstellen. Monsanto steht wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in vielen Ländern in der Kritik. Außerdem vertreibt das US-Unternehmen das umstrittene Pestizid Glyphosat.

Marktbestimmend

Mit der Übernahme des US-Düngemittelkonzerns entsteht ein neues Großunternehmen, das das Geschäft mit Saatgut weltweit dominiert. Monsanto ist Marktführer bei gentechnisch verändertem Saatgut, Bayer hat sich stark auf die Erzeugung von herbizidresistenten Pflanzen konzentriert. Beide verfolgten schon bisher die Strategie, Spritzmittel plus patentiertes Saatgut quasi im Doppelpack zu vermarkten.

Die Marktmacht des fusionierten Konzerns, der natürlich noch der Zustimmung der Kartellbehörden bedarf, ist beträchtlich. Bayer-Monsanto wird weltweit Marktanteile von 28 Prozent bei Pestizidverkäufen haben, 36 Prozent des Maissaatgutverkaufs kontrollieren und 28 Prozent des Sojasaatgutverkaufs.

Agrokonzerne in Bewegung

Die Transaktion, die die größte Auslandsakquisition eines deutschen Konzerns darstellt, passt voll in die zu erwartende zukünftige Entwicklung der Agrochemiebranche. So schluckt derzeit der chinesische Staatskonzern Chem China den Schweizer Pflanzenschutzproduzenten Syngenta. Im Vorjahr schlossen sich die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont zu einem neuen Branchenriesen zusammen.

Beide Konzerne – Bayer ebenso wie Monsanto – sind stark in der gentechnischen Züchtung. Monsanto ist bekannt für seinen Mais samt dem glyphosathaltigen Spritzmittel Roundup. Bayer vermarktet gentechnisch verändertes Saatgut für die Anbaukulturen Soja, Raps und Baumwolle. Hauptmärkte dafür sind Nord- und Lateinamerika.

Neue Gentechzüchtungen

Hintergrund der Fusionen ist, dass es bei der Pflanzengentechnik derzeit enorme Fortschritte gibt. Diese Entwicklungen zu stemmen und die neuen Pflanzen daraus in den Markt zu bringen sind ein Kraftakt. Sowohl Bayer als auch Monsanto experimentieren bereits mit dieser recht jungen Technologie, die unter dem Schlagwort "Genome Editing" oder CrispR/Cas auch hierzulande bekannt wird. Dabei wird das Erbgut minimal verändert ("geschnitten"). So hat beispielsweise Bayer einen DNA-Abschnitt entfernt und so die Ölzusammensetzung einer Sojasorte verändert. Die neue Sojaentwicklung wurde dann zum Patent angemeldet.

In den USA läuft eine Diskussion darüber, ob solche Pflanzenzüchtungen immer dann konventionellen Züchtungen gleichgestellt werden sollen, wenn dabei kein Fremdgen im Spiel ist. Sowieso sind die Unterschiede zur gewöhnlichen Pflanze labortechnisch nicht mehr auszumachen. Denn die neue Pflanze kann für eine Mutation gehalten werden, die in der Natur passiert ist.

Konventionelle Züchtung bleibt

Auch bei der konventionellen Züchtung ist in den vergangenen Jahren viel passiert. Für die beiden Konzerne gibt es interessante Überschneidungen.

Bayer hat sein Gemüsesaatgutgeschäft in der Marke Nunhems gebündelt. Das Angebot umfasst 25 Gemüsesorten. Monsanto hat alte sizilianische Brokkolisorten auf seine Eigenschaften hin untersucht und diese Eigenschaften züchterisch herausgefiltert. Der neue Brokkoli wird unter dem Namen Beneforté beispielsweise in Großbritannien verkauft. Die Gärtner, die den Brokkoli anbauen, müssen natürlich Patentgebühren an Monsanto abführen.

Nach Ansicht von Christoph Then von No Patents on Seeds, der laufend die Patentanträge der Konzerne analysiert, ist die Macht der fusionierten Unternehmen sehr hoch. Schlüsselelemente der Nahrungsmittelkette lägen dann in der Hand eines einzigen Unternehmens. Bauern müssten sich auf höhere Preise einstellen. (Johanna Ruzicka, 14.9.2016)