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Der Korruptionsjäger Dmitri Sachartschenko wird jetzt selbst gejagt.

Foto: Picturedesk

Bescheidenheit ist eine Zier, und Dmitri Sachartschenko soll laut der russischen Boulevardzeitung Komsomolskaja Prawda im Alltag so anspruchslos gewesen sein wie einst der Revolutionsführer Wladimir Iljitsch Lenin. Er habe sich nicht auf Partys herumgetrieben, nicht geprotzt, nicht getrunken und sein Privatleben bescheiden für sich behalten, zitiert das Blatt einen Kollegen des ranghohen Beamten für Korruptionsbekämpfung in Russland.

Auch in der Arbeit war Sachartschenko bisher nicht besonders aufgefallen. Trotz seiner steilen Karriere in den Sicherheitsorganen – angefangen hatte er 2001 bei der Steuerbehörde, zuletzt bekleidete er den Posten des Vizechefs der Verwaltung für Korruptionsbekämpfung im Innenministerium mit Zuständigkeit für Energieversorger – tauchte er in den Medien bisher nicht auf.

Russischer Rekord

Seit dem Wochenende freilich kommt der Oberst nicht mehr aus den Schlagzeilen – unfreiwillig. Denn Ermittler des Geheimdiensts FSB haben ihn bei der Annahme von sieben Millionen Rubel – umgerechnet 100.000 Euro – festgenommen. Wie sich bei den anschließenden Hausdurchsuchungen zeigte, war es Kleingeld für den aus der südrussischen Region Rostow stammenden 38-Jährigen: Im Auto des "Korruptionsjägers" und in der Wohnung seiner Schwester – hier ist vielleicht der Begriff Safe eher angebracht – fanden die Ermittler 120 Millionen Dollar und zwei Millionen Euro. Selbst für Russland ein Rekord!

Und das ist noch nicht alles: Denn wie nun aus Geheimdienstkreisen verlautete, sollen auch noch Dokumente über Schweizer Konten aufgetaucht sein, die auf den Namen des Vaters des Verdächtigen laufen. Auf ihnen sollen rund 300 Millionen Euro liegen, vornehmlich bei der Rothschild-Bank und der Genfer Filiale der Dresdner Bank, die 2009 von der LGT-Bank übernommen wurde.

Woher das Geld stammt bei einem Mann, dessen offizielles Jahreseinkommen zuletzt rund 40.000 Euro betrug, darüber wird bisher nur spekuliert. Selbst für Bestechungsgelder sei die Gesamtsumme zu hoch, sagte ein Geheimdienstler. Darum wird schon gemutmaßt, dass Sachartschenko in eine riesige Geldwäsche- und Betrugsaffäre einer pleitegegangenen russischen Bank verwickelt gewesen sei. Sachartschenko streitet alle Vorwürfe ab. Zumindest, dass er nicht auf eigene Faust gehandelt hat, scheint angesichts der Größenordnung der Affäre glaubhaft. (André Ballin, 14.9.2016)