Wien – Glasflaschen sind im Getränkehandel in Österreich mittlerweile eine seltene Spezies geworden. Der Anteil von Mehrweggebinden ist laut dem jährlichen Wirtschaftskammer-Bericht auf nur noch 22 Prozent gefallen. Supermarktregale sind voll mit Kunststoffflaschen und anderem Einweggebinde. Selbst stilles und prickelndes Mineralwasser wird immer öfter in PET-Einwegflaschen abgefüllt.
Von diesem Trend hat sich ein kleines Start-up-Unternehmen aber nicht beirren lassen. Es setzt auf den Verkauf von leeren, kreativ verzierten Glasflaschen, deren einzige Bestimmung es ist, Leitungswasser aus ihnen zu trinken.
Idee in Studenten-WG in Wien geboren
Die Idee zu Soulbottles wurde 2011 in einer Studenten-WG in Wien geboren: Die beiden jungen Deutschen Paul Kupfer und Georg Tarne wollten keine Einwegplastikwasserflaschen kaufen, sondern hervorragendes Wiener Leitungswasser aus wiederbefüllbaren Glasflaschen trinken. Das ist billiger und noch dazu umweltfreundlicher.
Aus der Geschäftsidee der Plastikvermeidung wurde ein erfolgreiches Nischenprodukt: In diesem Jahr werden "zwischen 70.000 und 80.000 Soulbottles verkauft", sagt Tarne im Gespräch mit dem STANDARD.
Das ist bemerkenswert, weil die im Vergleich zur Plastikflasche schwere Glasflasche mit Bügelverschluss auch ihren Preis hat: Die neue, ab November erhältliche Einliterversion kostet zwischen 33 und 38 Euro. Die 0,6-Liter-Variante kommt auf 25 Euro.
Ein Euro des Verkaufspreises geht laut Tarne, der in Wien auch eine einjährige Ausbildung zum Sozialunternehmer abgeschlossen hat, direkt an ein Trinkwasserprojekt der NGO Viva con Agua.
Von Wien nach Berlin
Die Jungunternehmer Kupfer (28) und Tarne (27) sind Arbeitgeber von 15 Vollzeitäquivalenten. Der Firmensitz wurde mittlerweile von Wien nach Berlin verlegt. "Wenn man ein Produkt im E-Commerce vertreiben will, ist es aufgrund der Größe in Deutschland viel leichter", sagt Tarne. Das dortige Leitungswasser braucht sich in weiten Teilen vor dem österreichischen Wasser aus der Pipn nicht zu verstecken. Viele Anfragen kommen aber weiterhin auch aus Österreich.
Dank einer Crowdfundingkampagne wurde zuletzt die Entwicklung einer Schutzhülle für die Glasflaschen aus fair produziertem Kork sowie ein Coffee-to-go-Becher aus Keramik finanziert – beide vollständig plastikfrei. "Es hat Jahre gedauert, bis wir auch eine Firma gefunden haben, die für die Schutzhülle einen Kleber auf organischer Basis anbieten konnte", erzählt Tarne.
Damit versucht Soulbottles einen Schritt weiterzugehen als andere Anbieter von ökologischen Glastrinkflaschen. Bei "Emil – Die Flasche" ist die Thermohülle etwa aus schadstofffreiem Polypropylen, also Kunststoff.
Schnitzel aus Maisstärke für Transport
Als Transportschutz für die Soulbottles-Produkte dienen Schnitzel aus Maisstärke. "Beim Versand der Pakete auf Paletten können wir noch nicht ganz auf Kunststoffverpackung verzichten", sagt Tarne. "Wenn jemand eine Idee hat, soll er sich bitte bei uns melden."
Tarne rechnet heuer mit einem Umsatz von 1,1 Millionen Euro netto, der Gewinn dürfte 50.000 Euro betragen. Tarne möchte weiter expandieren: "Wir strecken unsere Fühler in die USA aus." (David Krutzler, 15.9.2016)