Es gibt rund 150 Candida-Arten, von denen nur einige Krankheiten verursachen. Im Jahr 2009 wurde der gefährliche Hefepilz Candida auris zum ersten Mal bei einer Patientin nachgewiesen.

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Ein neuer "Superkeim" greift um sich und "überschwemmt die Welt", schreibt die britische "Daily Mail". Auch die Centers of Disease Control and Prevention (CDC) – die oberste Gesundheitsbehörde zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in den USA – warnen vor dem tödlichen Pilz namens Candida auris. Er lässt sich bei den Infizierten in Ohren, Harn- und Atemwegen oder in Wunden nachweisen. Gelangt C. auris in den Blutkreislauf, kann die Infektion lebensgefährlich werden.

Es gibt rund 150 Candida-Arten, von denen nur einige Krankheiten verursachen. Am bekanntesten ist C. albicans, der Verursacher von lästigen Infektionen in der Scheide, am Penis oder in Hautfalten. 2009 wiesen japanische Forscher C. auris zum ersten Mal im Ohrabstrich einer 70-jährigen Frau nach, inzwischen wurde er bei Patienten in Südkorea, Indien, Südafrika, Kuwait, Kolumbien, Venezuela, Pakistan, Großbritannien, Frankreich und Deutschland gefunden.

Gefährdet sind vor allem Patienten auf der Intensivstation bzw. solche, die Infusionen über einen Katheter am Hals bekommen. Alle Situationen, die das Immunsystem schwächen, erhöhen das Risiko: eine Diabeteserkrankung, Operationen, Antibiotika- oder Chemotherapien, eine HIV-Infektion, Organ- oder Knochenmarktransplantationen oder Blutkrebs.

Resistent gegen Medikamente

Nach Analysen der CDC sind gängige Anti-Pilz-Mittel gegen viele der untersuchten C.-auris-Stämme wirkungslos. So sollen 60 Prozent der mit C. auris infizierten Patienten gestorben sein. Allerdings litten diese Patienten unter anderen schweren Krankheiten, so dass der Tod womöglich auch dadurch verursacht worden sein könnte.

"Wir wissen, dass Menschen mit schweren Candida-Infektionen generell ein hohes Risiko zu sterben haben", sagt Marie von Lilienfeld-Toal, Ärztin am Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für invasive Pilzinfektionen in Jena. "Vermutlich sind die Pilze von Natur aus resistent gegen die gängigsten Pilzmedikamente." Auch der C. auris des Patienten aus Deutschland, den das Nationale Referenzzentrum in Jena testete, sei gegen zwei häufig eingesetzte Pilzmittel resistent gewesen.

Ein weiteres Problem von C. auris ist, dass sich der Keim nur schwierig von anderen Candida-Arten unterscheiden lässt. "Unter dem Mikroskop sieht man nur, dass es Candida ist, aber wir wissen nicht, welche Art", sagt von Lilienfeld-Toal. Das kann man mit der sogenannten Maldi-Methode herausfinden. Vereinfacht gesagt wird die Pilzprobe – also Abstriche oder Blutproben – mit dem Laser beschossen, die Bestandteile fliegen durch ein Vakuum, der Computer ermittelt deren Masse und erstellt ein Profil des Pilzes, also quasi ein Bild. Dieses wird automatisch mit vorhandenen Pilz-Profilen in einer Datenbank abgeglichen.

Spitalhygiene oberstes Gebot

"Die Methode ist aber nicht hundertprozentig genau", sagt Hansjakob Furrer, Chef-Infektiologe am Unispital in Bern. "Denn in den heutigen Analysedatenbanken gibt es noch nicht genügend Profile von C.-auris-Proben anderer Patienten." Deshalb kann der Maldi-Test häufig nicht sicher zwischen C. auris und dem nah verwandten C. haemulonii unterscheiden. Verlässlich kann man die Pilzart ausschließlich mithilfe eines Gentests nachweisen, das ist aber aufwendig und teuer.

Furrer behandelte kürzlich zwei Patienten mit einer schweren Infektion durch Candida-Pilze, die der Computer als C. haemulonii identifizierte. "Wir haben zur Sicherheit einen genetischen Test durchgeführt, der dies bestätigte", sagt er. Seine Kollegen vom Schweizer Forschungsnetzwerk Funginos haben C. auris ebenfalls noch nicht bei schweren Infektionen nachgewiesen. "Letztlich wissen wir das aber nicht genau. Es könnte sein, dass C. auris auch schon in der Schweiz aufgetreten ist, wir ihn aber nicht gefunden haben."

Sorgen macht dem Infektiologen, dass es gemäss CDC in zwei Ländern zu Ausbrüchen in Spitälern gekommen sei, wo jeweils mehr als 30 Patienten erkrankten. "C. auris scheint sich von einem auf den anderen Patienten übertragen zu haben", sagt er. "Deshalb ist es wichtig, dass man im Spital peinlich genau auf Hygiene achtet." Hersteller der Analysegeräte sollten jetzt unbedingt mehr C.-auris-Profile für die Datenbanken sammeln, fordert er, damit die Keime verlässlicher nachgewiesen werden könnten. "Wir müssen C. auris so schnell wie möglich identifizieren und testen können, welche Medikamente wirken – das kann Leben retten." (Felicitas Witte, 16.9.2016)