Vier Jahre nach seinem schweren Unfall Paralympics-Sieger: Pepo Puch.

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Ritt zu Gold auf Fontainenoir.

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Die drei am Podest: Der Silberne Lee Pearson (GBR), Stinna Kaastrup (DEN) und Pepo Puch.

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Irgendwann in seiner Jugend ist Pepo Puch ein Spruch untergekommen: "Was denkbar ist, ist machbar." Er gefiel ihm so gut, dass er ihn zu seinem Motto erklärt hat. Am Mittwoch war eine Medaille für Puch bei den Paralympics denkbar. Und machbar. Der Steirer sorgte im Dressur-Pflichtbewerb auf seinem Oldenburger Wallach Fontainenoir sogar für Österreichs erste Goldmedaille in Rio. Puch war überwältigt. "Das ist Wahnsinn", sagte er immer wieder. Schon vor vier Jahren in London hatte er im gleichen Bewerb Bronze geholt und dann noch Gold in der Kür draufgelegt. Damals noch mit der Stute Fine Feeling. In Rio steigt die Kür am Freitag.

Den Spruch "was denkbar ist, ist machbar" hatte Puch ursprünglich mit Olympia verbunden. "Ich bin aus dem kleinen Bergdörfl Oberzeiring und ich hatte Träume. Ich wollte einmal bei Olympia einmarschieren." Puch wollte raus aus dem Bergdörfl. Zunächst ritt er bei der Grazer Messe – mit einem Haflinger, später bei Europameisterschaften und irgendwann war er in der Weltrangliste so weit vorne, dass er bei Olympia starten durfte. Das war 2004 in Athen. Puch trat – wegen Differenzen mit dem österreichischen Verband – im Vielseitigkeitsreiten für Kroatien an.

Vier Jahre später ritt er nicht ein zweites Mal bei Olympia. Im August 2008 stürzte er folgenschwer vom Pferd: er zog sich Brüche im Bereich des dritten und vierten Halswirbels zu, war fortan inkomplett querschnittgelähmt. Puch hatte bei dem Unfall eine Airbagweste getestet. "So eine, wie sie es jetzt bei den Skifahrern gibt." Der Airbag hatte sich bei einem kleinen Rumpler aufgeblasen. Der Knall hatte das Pferd erschreckt. "Ich war aufgespannt wie ein Brettl." Mit dem Airbag sei es nicht möglich gewesen, sich abzurollen.

Die Spastik ist Puchs Freund

Nach der Reha fand Puch wieder zum Reitsport zurück. "Der Unfall ist zwar beim Reiten passiert, aber das Pferd ist nicht gestürzt und deshalb habe ich kein Problem, auf ein Pferd zu steigen." Mit dem Reiten könne man die Spastik senken und die Schmerzen minimieren. "Aber", sagte er, "die Spastik ist mein Freund, hätte ich keine Spastik, würde ich im Rollstuhl sitzen". Der Leistungssport ist für Puch die sportlichere Hippotherapie. "Weil ich ein fauler Hund bin, brauche ich ein Ziel."

Nach seinem Unfall wurde Puch gesagt, er könnte nie mehr gehen. Er war geschockt, erinnerte sich aber an seinen Leitspruch: Was denkbar ist, ist machbar. "Damit hat die Arbeit angefangen." Puch begann, die Bewegung zu denken. "Irgendwann habe ich die große Zehe zum Zittern bringen können." So entwickelte er sich Stück für Stück weiter, bis er mit Stock gehen konnte. Auch das Reiten begann im Kopf. Vier Jahre nach seinem Unfall war er Paralympics-Sieger. Und das obwohl Puch behauptet: "Ich bin das gleiche Nichttalent beim Reiten, wie Eddie The Eagle beim Skispringen." Er musste sich alles aneignen.

"Ich mache alles falsch"

"Meine Frau", sagt der gelernte Rauchfangkehrer und Wahlschweizer, "ist ein Talent. Die kommt um die Kurve, sie findet jede Distanz zum Sprung, sie hat das im Gefühl. Und ich kann‘s nicht. Ich mache eigentlich alles falsch." Früher habe er die Pferde ausgebildet. "Jetzt bilden mich die Pferde aus." Fontainenoir reitet er seit zweieinhalb Jahren. Puch: "Ein wahnsinnig sensibles Pferd. Er denkt über alles nach." Fine Feeling, die Goldstute von London, sei hingegen eine Kampfsau gewesen. Der elfjährige Wallach Fontainenoir lasse sich nicht ablenken. "Er ist ganz sicher der Gelassenere von uns zweien."

Am Mittwoch, vor dem Ritt zum zweiten Gold, sei der Tagesablauf minutiös geplant gewesen. Und im Bewerb war "jeder Schritt dort, wo er hinsollte. Ich hätte es nicht besser machen können. Und das Pferd hätte es nicht besser machen können." Das Pferd, sagt Puch, spüre auch, wenn es eine gute Leistung gebracht habe. "Fonti", sagt er noch, "verteidigt mich wie ein Fohlen und passt auf mich auf." Vor dem Pflichtbewerb hatte Puch gesagt: "Es kann schon auch gut gehen." Es ging ziemlich gut. (Birgit Riezinger aus Rio, 15.9.2016)