Die BAWAG muss wegen ihrer im Februar 2013 geänderten Geschäftsbedingungen beim Online-Banking eine kleinere juristische Niederlage einstecken. Nachdem der Oberste Gerichtshof 2015 die meisten vom Verein für Konsumenteninformation eingeklagten Klauseln für rechtswidrig erklärt hatte, nahm am Donnerstag der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs dazu Stellung und rüffelte die Bank zum Teil.

Die sogenannten Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts, denen das EU-Gericht in vier von fünf Fällen inhaltlich folgt, befassen sich mit einer speziellen BAWAG-Klausel. Der OGH in Wien hatte deswegen die Luxemburger Richter angerufen. Es geht um die Art und Weise, wie eine Bank ihren Kunden Änderungen mitteilen muss.

Kommunikationsfrage

Die von den Konsumentenschützern kritisierte BAWAG-Klausel sieht vor, die Bank Änderungen von Konditionen, AGB oder Sicherheitsverfahren auch via Inbox auf der Online-Banking-Plattform bekanntgeben darf. Für den VKI ist es "äußerst fraglich, ob den Kunden derartige Information in der Mailbox des Online-Bankings überhaupt auffallen und ob sich VerbraucherInnen somit ausreichend mit derartigen Änderungen auseinandersetzen", teilte der Verein mit. Die Frage sei wesentlich, da mittlerweile jeder zweite Verbraucher eine Form des elektronischen Bankings nutze.

Die Unterinstanzen in Österreich hatten die Klausel als gesetzwidrig beurteilt, der OGH jedoch wandte sich deswegen an den EuGH. Dessen Generalanwalt sieht die Sache wieder im Sinne der Konsumenten: Nachrichten in der Mailbox des E-Bankings seien keine Mitteilungen im Sinne des Zahlungsdienstegesetzes (ZaDiG, die österreichische Umsetzung einer EU-Richtlinie). Rahmenverträge dürfen also nicht via Nachricht im Online-Banking geändert werden.

"Effektive Übermittlung"

Generalanwalt Michal Bobek beschäftigt sich eingehend mit der Frage, was "Zugänglichmachen" bzw. "Mitteilen" von Informationen bedeutet bzw. wie eine entsprechende EU-Richtlinie auszulegen ist. Laut Gesetz müssen Vertragsänderungen nämlich "mitgeteilt" werden, ein "Zugänglichmachen", wie es die BAWG getan hat, genügt nicht.

Für Bobek geht es letztendlich um die "effektive Übermittlung" der Information, also darum, dass der Kunde die Information auch wirklich erhält. Der Kanal der internen E-Banking-Mailbox ist dafür nicht geeignet, meint der EU-Jurist und zieht einen Vergleich mit der "prävirtuellen Welt", wie er sie nennt. Eine E-Banking-Mailbox sei mit einem Postfach in einem Postamt oder mit einem persönlichen Schließfach in einer Bank vergleichbar. "Ohne eine Mitteilung oder einen Hinweis kann man von Briefen, die in ein solches Fach gelegt werden und an den Kunden gerichtet sind, wohl kaum sagen, dass sie effektiv die persönliche Sphäre des Kunden erreicht haben", heißt es in dem Schlussantrag.

Laut Generalanwalt muss zwischen E-Banking-Mailbox und herkömmlicher Mail unterschieden werden. Während ein E-Mail-Konto heutzutage eine "regelmäßige und übliche Kommunikationsform" darstelle und "zum Alltag der meisten Durchschnittsverbraucher" gehöre, sei die Mailbox im E-Banking "kaum einem regelmäßig genutzten Instrument für die allgemeine und alltägliche Kommunikation der Verbraucher" gleichzustellen.

Mailbox kein "dauerhafter Datenträger"

Ein weiteres Thema im Schlussantrag ist jenes der dauerhaften Datenträger. Eine Mailbox ist nach Meinung des Generalanwalts nicht automatisch ein solcher dauerhafter Datenträger, sondern nur dann, wenn der Kunde die Informationen "für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann". Eine E-Banking-Mailbox müsse "außerdem die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen erlauben und somit verhindern, dass der Dienstleister auf die Informationen zugreift, sie verändert oder löscht. "

Weiters müsse das System dem Nutzer "mit an Sicherheitgrenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten", die Dokumente auszudrucken oder elektronisch zu speichern. Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, könne eine Bank-Inbox sehr wohl als "dauerhafter Datenträger" angesehen werden.

Sollte sich der EuGH dem Generalanwalt anschließen, könnten viele europäische Banken ein Problem bekommen, wenn sie ihre E-Banking-Systeme nicht entsprechend verbraucherfreundlich gestalten.

BAWAG wartet ab

Die BAWAG betonte in einer Stellungnahme, dass es sich bei dem Schlussantrag um Empfehlungen handle; das Urteil des EuGH bleibe abzuwarten. "Diese Empfehlungen bestätigen zum Teil, dass elektronische Postfachnachrichten an den Kunden im Rahmen des E-Bankings grundsätzlich möglich sind, wobei er eine für die Bank praktikable und die Adressaten kundenfreundliche Lösung vorschlägt", so die Bank.

Die vom Obersten Gerichtshof (OGH) beanstandeten Klauseln seien bereits alle geändert worden – bis auf jene zur E-Banking-Mitteilung, die ja derzeit beim EuGH liege. (APA, 15.09.2016)