Bernd Birkhahn, Rudolf Melichar, Cornelius Obonya und Martin Reinke (v.l.n.r.) in "Coriolan".

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die römische Republik wird in Shakespeares "Coriolan" von schlimmen politischen Gärungsprozessen geplagt. Der Hunger treibt die Massen um, Oberschicht und Plebejer beäugen einander missgünstig. Im Wiener Akademietheater wird das Geschehen rund um einen sozial schwer vermittelbaren Kriegshelden (Cornelius Obonya) berechtigter Weise ins Hier und Heute transponiert.

Auf Walter Vogelweiders finsterer Bühne wird politisches Schach gespielt. Vor den vagen Andeutungen einer faschistischen Staatsarchitektur entfaltet sich Stück für Stück das Spiel der öffentlichen Meinungsbildung. Fast zurückhaltend und leise fügt sich der spröde Schlachtenheld in die Ränke der routinierten Staatsschönsprecher (Martin Reinke als Menenius Agrippa).

Im Moment seiner vermasselten Konsulatswahl entfesselt Obonya freilich eine kalte, verstandesklare Wut, die ob ihrer antidemokratischen Stoßrichtung frösteln macht. Für eine besonders aufmüpfige Volkstribunin (Sylvie Rohrer), die den Recken schilt, setzt es sogar eine Ohrfeige. Klar ist: Staatskunst geht anders. Dafür bleiben die Schlachtenszenen turnerisch müde und betrüblich blass.

Zur Pause lässt sich Carolin Pienkos' Inszenierung noch nicht loben – zu pauschal und matt ist da manches. Unbedingt faszinierend ist aber Elisabeth Orth als gleichsam epochal versteinerte Heldenmutter: Coriolans unwandelbare und einzige Geliebte, das ideologische Gewissen eines (faschistisch verseuchten?) Staates. (Ronald Pohl, 16.9.2016)