Gesucht werden Hütten fern von Handyempfang und Alltagsstress – zumindest theoretisch.

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Fließendes Wasser gibt es nicht. Stromanschluss und moderne Sanitärräume? Fehlanzeige. Das Plumpsklo ist in einer kleinen Hütte nebenan untergebracht. Was für die einen nach einem Albtraum klingt, wird von anderen gesucht: "Die Nachfrage an Hütten ist weitaus größer als das Angebot", berichtet Sandra Steiner von Wilder Kaiser Immobilien.

Ihre Kunden sind gutbetucht und kommen aus dem Großraum München. Sie wollen innerhalb von zwei Stunden mit dem Auto in ihrer Hütte sein, um dort das Wochenende zu verbringen. Besonders beliebt sind in Tirol Gegenden rund um den Wilden Kaiser, Wildschönau, das Zillertal und Kitzbühel, erzählt Steiner. Bei Letzterem scheiden sich jedoch zunehmend die Geister: "Wir haben wahnsinnig viele Kunden, die sagen: Wir suchen überall, nur nicht in Kitzbühel."

Diese Kunden könnten sich zwar das Chalet in "Kitz" leisten: "Manche sagen aber: Diesen Luxus habe ich ohnehin während der Woche zu Hause", so Steiner. Sie hat derzeit eine 35 Quadratmeter große Jagdhütte im oberösterreichischen Vorderstoder im Angebot. Verhandlungsbasis: 120.000 Euro. Abnehmer gibt es laut Steiner ohnehin für Hütten jeder Kategorie: "Es gibt keine No-Gos." Objekte kämen nur selten auf den Markt, weil sie innerhalb der Familie weitergegeben würden.

Große Grundstücke

"Solche Immobilien kommen so gut wie nie isoliert auf den Markt", bestätigt auch Fridolin Angerer, der bei Spiegelfeld Immobilien für Forst, Land und Schlösser zuständig ist. Denn die Hütten seien einst als reine Funktionsimmobilien errichtet worden – etwa um Bewirtschaftern einer Alm im Sommer Unterkunft zu bieten.

"Man muss also meist die gesamte Alm oder die gesamte Jagd erwerben", sagt Angerer. Das drückt den Preis gewaltig nach oben: Auch wenn eine sehr einfache Hütte beispielsweise nur gut 80.000 Euro wert wäre – mit 16 Hektar Wald kommt sie so auf 400.000 Euro. Mindestens 200.000 Euro sollten Hüttenfans in jedem Fall auf der hohen Kante haben, betont Steiner. Nach oben hin sei alles offen: Auch Preise von einer Million Euro werden gezahlt.

Abgeschiedenheit gesucht

Dafür ist meist eines garantiert: Das Häuschen liegt wirklich abgelegen. "Es gibt eine Käuferschicht, die diese Abgeschiedenheit sucht – fern von Handyempfang und ständiger Erreichbarkeit", erzählt Steiner. Vor kurzem erst habe sie ein Kunde angerufen, der "weg aus der Stadt" mit Unsicherheiten und Terrorgefahr will. "Die Leute haben zunehmend Angst vor dem Fliegen", glaubt sie – weshalb das Wochenendhaus in Tirol immer attraktiver werde.

"Eine Alm ist etwas, dem keine gesellschaftliche Entwicklung etwas anhaben kann", analysiert Angerer die Sehnsucht nach dem Leben in den Bergen: "Hier beginnt der Tag mit dem Sonnenaufgang und endet mit dem Sonnenuntergang." Für Städter stecke in der Suche nach einer Hütte in höheren Lagen auch der Gedanke: "Ich will raus aus der Nebelsuppe."

Nichts für den Porsche

Nachsatz: "Die meisten, die davon träumen, können aber keinen Holzofen anzünden." Angerer erzählt beispielsweise von Interessenten, denen die lang gesuchte Hütte beim Besichtigungstermin dann am Ende doch "zu rustikal" – oder die Wiese plötzlich "zu nass" – war. "Und das Wort Einzellage ist schnell ausgesprochen", so Angerer. Oft bedeute das aber einen langen Winter und einen kurzen Sommer. "Und mit einem normalen Porsche kann man meistens nicht hinfahren."

Modernisierungen oder Vergrößerungen der oft überaus bescheidenen Grundfläche seien in der Regel zudem baurechtlich nur beschränkt möglich. "Man muss sich im Vorfeld anschauen, was überhaupt machbar ist" , sagt Angerer.

Noch ein Punkt, der im Traum von Bergpanorama und Kuhglocken oft vergessen wird: Auch Holzwürmer, Siebenschläfer und Mäuse können in einer Hütte zum Alltag gehören. Die Außenwahrnehmung ist freilich eine andere. Und auch diese ist wichtig, so Angerer: "Es hat schon etwas Elitäres zu sagen: Wir fahren auf die Alm." (Franziska Zoidl, 21.9.2016)