Bordeaux – Turm oder Stadion. Individualist oder Menschenmasse. Irgendwo zwischen diesen Polen spannt Renault sich mit den neuen, soeben in der Gegend von Bordeaux präsentierten Scénics aus.

EM-Erinnerungen

Denn. Endpunkt der Veranstaltung war das Atlantique Stadium, für Österreich in rühmlicher EM-Erinnerung. Fasst tausende Besucher, den Massenmenschen also, und hat doch ästhetische Aussagekraft. Andererseits war in Bordeaux in längst vergangnen Tagen der berühmte Turmgelehrte Michel de Montaigne Bürgermeister. Jener Essai-Montaigne, der sinnierte: Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge, sondern in seiner Anwendung.

Scénic (rechts) und Grand Scénic (links) fahren in neuer Frische vor, bald auch mit Diesel-Hybrid. Neu ist das bereits von anderen Renaults bekannte Bedienkonzept mit dem hochgestellten Touchscreen-Tablet.
Foto: Renault

Den Brückenschlag zur Masse schafft Renault in mehrerlei Hinsicht. Der Scénic bietet bis zu fünf Insassen sichere Wohnstatt, der 23 Zentimeter längere Grand Scénic fünf bis sieben, in beiden bringt man massig Zeugs unter. Und in den bisherigen 20 Jahren verkaufte sich die Baureihe massenhaft – über fünf Millionen Mal.

Man kann den Scénic auch, Stichwort Montaigne, einzeln bewohnen und sich von der Nützlichkeit des Lebens an Bord und seinen vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten überzeugen lassen. Als da wären: Rückbank 1/3:2/3 oder gesamt verschieben, versenken; pfiffige Staufächer, Ablagen sonder Zahl; all das wurde noch weiter optimiert. Dass Montaigne seine Italienreise lieber im Scénic als in wackeligen Kutschen unternommen hätte, darf man jedenfalls unterstellen. Oder wegen der Straßenverhältnisse doch lieber im SUV, im Allrad-Kadjar? Egal, ist ja dieselbe Plattform.

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Im Design folgen die Scénics der Espace-Linie. Resultat: hübsch gezeichnete, etwas gestreckter wirkende Crossover-Vans mit großmächtigem Rhombus vorne. Zusätzliche Markanz verleiht der Umstand, dass ihnen serienmäßig 20-Zöller angeschnallt wurden.

Das leichte Größenwachstum – der Scénic streckt sich auf 4,41 m Länge (plus 2,1 cm), der Grand auf 4,66 m (plus 6 cm) – bewirkt, logisch, mehr Platz für Insassen und Kofferraum, die Parkplatzsuche wird damit aber nicht einfacher.

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Auch im Fahrbetrieb werden die hohen Komforterwartungen erfüllt, die man an Renault stellt. Unter den fünf Fahrprogrammen findet man zwischen Comfort und Sport gewiss ein individuell passendes. Diese gewisse Elastizität um die Längsachse aber, die sich beim Einlenken zeigt, wirkt inzwischen eher ungewohnt. Und die Allradlenkung, die den Mégane so wieselflink macht, wird man vergebens suchen – bleibt den sportlicheren Modellen vorbehalten.

Im Umweltkapitel geben sich die Franzosen keine Blöße, von den zwei Benzinern und vier Dieseln schlägt verbrauchs- und abgasseitig keiner über die Stränge. Der Maximalwert, ihn fährt der Top-Benziner (TCe 130) ein, liegt bei 6,1 l / 100 km im Grand Scénic.

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Überraschung für besonders ökofokussierte Renault-Fans: Anfang 2017 kommt ein Mild-Hybrid mit 1,5-Liter-Turbodiesel (110 PS) und 6-Gang-Schaltung, avisierter Verbrauch: 3,5 l / 100 km. Ein 10-kW-Elektromotor unterstützt den Selbstzünder beim Beschleunigen aus dem Drehzahlkeller, das von Continental zugelieferte System arbeitet mit 48 Volt, beim Bremsen und im Schubbetrieb wird fleißig Energie in die Lithium-Ionen-Batterie rekuperiert.

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Etliche Assistenzsysteme haben Einzug gefunden in die Baureihe, darunter ein Notbrems-Assistent mit Fußgängererkennung, aktiv zwischen sieben und 60 km/h. Sinnvoll, bei all den ferngesteuerten Smartphone-Zombies heutzutage. Und damit man auch hinkommt, wohin man will, hat Renault seine Infotainmentphilosophie – Navi (und mehr) im hochgestellten Tablet – jetzt auch in die Scénics, in diese Individualisten für die Masse, transferiert. Denn kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will. Sagt er. Der Montaigne. (Andreas Stockinger, 22.9.2016)

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