Die Causa liegt jetzt nicht in Mondsee sondern beim Obersten Gerichtshof. Er muss prüfen, ob der im Wege einer Verschmelzung angestrebte Börsenrückzug zulässig ist.

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Linz/Wien – Die Causa BWT ist nun beim Höchstgericht. Der Oberste Gerichtshof (OGH) muss klären, ob sich der Wasseraufbereiter in Mondsee seines Streubesitzes entledigen darf, indem er die im amtlichen Handel notierte BWT AG mit ihrer eigens zu diesem Zweck gegründeten Tochter BWT Holding AG verschmilzt. Die entsprechenden Schriftsätze wurden vorige Woche beim Landesgericht Wels eingebracht.

Die Klägerinnen, die AB Effectenbeteiligungen AG und der Stuttgarter Fonds LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH (samt Kleinanlegern als Nebenintervenienten), führen in ihrer Revision an, dass der in der Hauptversammlung am 25. August 2015 beschlossene Schritt unzulässig und das Berufungsverfahren am Oberlandesgericht Linz mangelhaft gewesen sei. Die von BWT geplante Verschmelzung komme einem "kalten Delisting" gleich, mit dem Streubesitz-Aktionäre gezielt geschädigt würden, was einem Rechtsmissbrauch gleichkomme und nach österreichischem Recht verpönt sei. Überdies nütze die Verschmelzung einzig den Mehrheitsgesellschaftern rund um BWT-Chef Andreas Weißenbacher und der ihm zurechenbaren Stiftung WAB Privatstiftung und der von ihm kontrollierten Fiba Beteiligungs- und Anlage GmbH, nicht aber der BWT.

Delisting nicht überraschend

BWT hält in ihren Schriftsätzen dagegen: Das Delisting sei nicht überraschend gekommen, sondern notwendig, um die Gesellschaft vor finanziellem Schaden zu bewahren. Allein die Börsennotiz und damit verbundene Veröffentlichungspflichten verursachten jährliche Kosten von rund 560.000 Euro und Wettbewerbsnachteile, weil Konkurrenz-Unternehmen durch die Pflichtmitteilungen an Informationen kämen, die sie von einer nichtöffentlichen Aktiengesellschaft nie erhalten würden. Im Übrigen gebe es mangels Vorschriften keine Alternative zur rückwirkenden Verschmelzung, weil ein Delisting zwar für den "geregelten Freiverkehr" gesetzlich geregelt sei, nicht aber für den "amtlichen Handel", zu dem die im "Standard Market Auction" gehandelte BWT gehört.

Diese Ansicht vertritt laut einem von BWB im Zivilverfahren vorgelegten Gutachten auch Gesellschaftsrechtsexpertin Susanne Kalss von der WU Wien.

Zur Erinnerung: Der Streit entzündete sich am freiwilligen Übernahmeangebot von 15,79 Euro je Aktie, mit dem BWT seinen Streubesitz zum Verkauf der Anteilsscheine bewegen wollte. Da sich das Angebot wohl am Durchschnittskurs der letzten sechs Monate orientierte, aber ein Barabfindungsangebot als Prämie fehlte, erreichte BWT die für einen Zwangsausschluss (Squeeze- out) nötigen 90 Prozent nicht.

In der Folge verlegte sich der vom BWT-Chef kontrollierte Wasseraufbereiter darauf, den Börsenrückzug via Verschmelzung auf die BWT-Holding zu realisieren. Die Streubesitzaktionäre klagten und bekamen im April am Landesgericht Wels Recht.

Verschmelzung

In der Berufung wiederum bekam BWT nur teilweise Recht. Im zentralen Punkt, der Verschmelzung, stimmte der Senat des Oberlandesgerichts Linz der BWT-Argumentation zu. Im Ergebnis liege keiner der geltend gemachten Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründe vor, schreibt das OLG Linz und wies die Klagen ab. Die ordentliche Revision beim OGH ließ der Richtersenat jedoch zu. Weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob die Verschmelzung einer börsennotierten Aktiengesellschaft auf eine nicht börsennotierte AG zum Zwecke des Delistings eine rechtsmissbräuchliche Umgehung einer börsenrechtlichen Unzulässigkeit des freiwilligen Rückzugs aus dem amtlichen Handel bedeutet.

Auch die Frage betreffend Abfindungsangebot im Verschmelzungsvertrag hält das OLG für nicht geklärt. Letzteres ist für die Klägerinnen maßgeblich. Denn ohne Börsenhandel haben Aktien keinen Marktpreis und sind somit für Fonds tabu, weil nur am "grauen Kapitalmarkt" verkäuflich und dadurch im Wert beeinträchtigt. (Luise Ungerboeck, 20.9.2016)