Bilder einer Ankunft: Alexander Gorgon trifft im Spiel gegen Dauermeister Dinamo Zagreb im Doppelpack. Der HNK Rijeka gewinnt das Match souverän mit 5:2.

Hrvatska Nogometna Televizija

Scharfschütze Gorgon ...

Foto: HNK Rijeka

... kommt auf den Knien gerutscht, ...

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... die Mannschaftskollegen treten der Reihe nach zur Gratulation an.

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Mal etwas anderes: ein Mannschaftsfoto nach dem Sieg.

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Wien / Rijeka – Seit 2006 kennt die kroatische Fußballliga nur einen Meister: Dinamo Zagreb. Das recht eintönige Spektakel könnte in dieser Saison Abwechslung erfahren. Nach neun Runden steht der HNK Rijeka an der Tabellenspitze. Am Sonntag bezwang die Mannschaft aus der Hafenstadt an der Kvarner-Bucht den Rekordchampion mit 5:2. Neuzugang und ÖFB-Legionär Alexander Gorgon trug mit zwei Toren maßgeblich zum Kantersieg bei.

Standard: Als Ihr Transfer zum HNK Rijeka bekannt wurde, gab es kritische Stimmen zuhauf. Wollen Sie Kommentare aus dem Forum von derStandard.at zu hören bekommen?

Gorgon: Das muss nicht sein. Was hätte ich davon? Die Leute sollen denken, was sie denken. Jeder kann und darf seine Meinung kundtun. Den allgemeinen Tenor kenne ich ohnehin. Es heißt, er hätte sich verpokert.

Standard: Hat er das? Kamen Ihnen im Sommer Zweifel?

Gorgon: Gegen Ende der Transferzeit wurde ich immer ungeduldiger, die meisten Mannschaften hatten ihre Planungen zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Ich wusste nicht, wo es mich hinverschlägt. Jetzt bin ich hier in Kroatien und blicke nach vorne. Es ist gut, so wie es ist.

Standard: Sie wollten nach über zwanzig Jahren bei der Austria ein neues Kapitel aufschlagen, Sie haben den Tapetenwechsel gesucht. Wurden die Erwartungen erfüllt?

Gorgon: Absolut. Ein anderer Weg ins Stadion, ein neues Umfeld, neue Mitspieler, neue Ziele. Die Veränderung tut mir gut. Die Austria bleibt mein Herzensverein, aber hier kann ich nochmal ein paar Prozent herausquetschen. Ich bin kein Wandervogel, ich möchte nicht alle sechs Monate wechseln. Ich bin gerne über einen längeren Zeitraum bei einem Verein, der etwas erreichen will. Und meine Familie genießt das Leben am Meer.

Standard: Ihre Premiere in der Startelf hätte nicht besser verlaufen können. Zwei Tore gegen Dinamo Zagreb, der zweite Treffer war ein prachtvoller Weitschuss.

Gorgon: Der Verein setzt auf mich, umso glücklicher macht es mich, dass ich diesen Vertrauensvorschuss gerade gegen Dinamo rechtfertigen konnte. Bei einem neuen Klub muss man sich zunächst akklimatisieren, die Mannschaft und das Umfeld kennenlernen. Damit war ich in den vergangenen Wochen beschäftigt. Jetzt muss ich weiter hart arbeiten, meine Kraft reicht noch nicht für neunzig Minuten.

Standard: Ist der Trainingsrückstand der vereinslosen Zeit geschuldet?

Gorgon: Ich habe mich individuell sehr gut fit gehalten und auch eine Woche im Camp der vertragslosen Fußballer verbracht. Ein Mannschaftstraining ist aber durch nichts zu ersetzen, der normale Zyklus mit Spielen hat mir gefehlt. Ein Match gegen Zagreb ist sehr intensiv. Ich mache körperliche Fortschritte und werde bald wieder über die volle Distanz gehen können.

Standard: Darf man nach Ihrer Darbietung gegen Dinamo mit einem festen Platz in der Startelf spekulieren?

Gorgon: Ich habe jetzt die Chance in der Anfangsformation bekommen und alles getan, um diesen Platz zu behalten. Aber wir haben einen sehr breiten Kader, auch die Spieler von der Bank können uns helfen. Man wird sehen, wie in der Offensive rotiert wird. Natürlich hoffe ich auf Einsätze.

Standard: Bei der Austria wurden Sie zumeist im rechten Mittelfeld eingesetzt, bei Rijeka spielen Sie bislang links. Welche Position sagt Ihnen mehr zu?

Gorgon: Ich bevorzuge die linke Seite, dann kann ich nach rechts ziehen und den Abschluss mit dem starken Fuß suchen. Am liebsten spiele ich aber hängende Spitze.

Standard: Wird man Sie in Rijeka auch als Zehner sehen?

Gorgon: Man weiß auch hier, dass ich in der Offensive relativ variabel einsetzbar bin. Ich habe in Testspielen schon Stürmer oder hinten den Spitzen auf der Nummer 10 gespielt. Meine Position hängt auch von der Personalsituation ab. Welche Spieler sind verfügbar? Wer ist verletzt, wer ist gesperrt? Ich spiele auch Stürmer, kein Problem.

Standard: Für welche Philosophie steht Trainer Matjaž Kek?

Gorgon: Er weiß, was er will. Er hat seine Linie. Kek ist ein strenger Trainer und hat es satt, hinter Zagreb Zweiter zu werden. Er verlangt hohes Pressing und ein direktes Spiel nach vorne. Querpässe gefallen ihm nicht.

Standard: Man sagt der kroatische Fußball wäre generell sehr offensiv ausgerichtet. Entspricht das Ihrem ersten Eindruck?

Gorgon: Hier ist man eher ungeduldig, das Spiel wird nicht so behutsam aufgebaut wie in Österreich. Man will schnell nach vorne spielen, es geht hin und her, so offensiv wie möglich. Darunter leidet manchmal die Defensive.

Standard: Wenn Salzburg in der Qualifikation zur Champions League an Zagreb scheitert und Rijeka dieses Zagreb mit 5:2 schlägt, kann es um die Qualität der Liga nicht so schlecht bestellt sein.

Gorgon: Man pflegt hier einen technisch feinen Fußball. In Summe ist die österreichische Liga aber einen Tick über die kroatische zu stellen. Die Infrastruktur ist besser, die Medien sind präsenter. Man ist aber auch in Kroatien auf einem guten Weg.

Standard: Die Tabelle offenbart ein enormes Gefälle hinter den Spitzenklubs aus Rijeka, Osijek, Zagreb und Split.

Gorgon: Die österreichische Liga ist ausgeglichener. Aber man muss trotzdem wachsam bleiben. Wenn man auswärts bei kleineren Klubs wie Slaven Belupo oder Cibalia Vinkovci antritt, sind die Stadien keine echten Stadien. Man darf sich von der kaum vorhandenen Atmosphäre nicht anstecken lassen, man muss mental bereit sein.

Standard: Auch das Stadion Rujevica von Rijeka ist mit seinen 5700 Plätzen nicht überdimensioniert. Wie nehmen Sie die Stimmung bei Heimspielen wahr?

Gorgon: Das Stadion ist ein kleiner Hexenkessel, die Tribünen sind nah am Spielfeld. Die Kroaten haben ja ein lautes Organ, ein volles Haus sorgt für eine tolle Atmosphäre. Gegen Dinamo haben wir das erste Tor nach 16 Sekunden geschossen, das Publikum sofort abgeholt. Es wurde durchgehend gefeiert, da sind alle Dämme gebrochen.

Standard: Der Kantersieg gegen den Dauermeister war mehr als eine Momentaufnahme. Rijeka ist Tabellenführer, hat die meisten Tore geschossen und die wenigsten bekommen. Ist der Titel das logische Ziel?

Gorgon: Rijeka war zuletzt drei Mal in Folge Zweiter. Die Zeit ist gekommen, um ganz nach oben zu greifen. Es ist erst ein Viertel der Meisterschaft gespielt, der Weg ist weit. Aber wir sagen Dinamo den Kampf an, das muss so sein. (Philip Bauer, 20.9.2016)