Das Iki ist eine der Kantinen der Erste-Zentrale beim Hauptbahnhof, konzipiert von den gefragtesten Gastronomen der Stadt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Misosuppe, Maki, Gurkensalat zu knusprig gebackenem, innen saftig blätterndem Kabeljau mit Sauce tartare.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Banker kommen immer als Erstes, weshalb das Iki schon um elf Uhr vormittags mehr als voll ist. Dabei ist die jüngste der Kantinen des Erste-Hauptquartiers riesig und über zwei Etagen angelegt. Wenn man sich die gefragtesten Gastronomen der Stadt als Consulter ins Haus holt, darf man sich aber nicht wundern, wenn nicht nur die Mitarbeiter, sondern alle anderen auch kosten kommen wollen.

Dementsprechend viele Anzüge und Business-Kostüme prägen den Saal. Mit am elegantesten aber schauen die Kellnerinnen aus, in fantastisch geschnittenen, schwarz-weißen Uniformkleidern. Die zehn (!) Köche in der offenen Küche wirken mit grauen Schürzen und bunten Hachimaki-Stirnbändern vergleichsweise martialisch – irgendwer muss hier schließlich reinhackeln, wenn die Bude überquillt.

Bento-Boxen

So geht es nämlich, wenn einem die Mochi-Macher ein Lokal konzipieren, ihre Killer-Rezepturen für die diversen Saucen, den Sushi-Reis oder die gefährlich geilen Spicy Rolls preisgeben und sich ganz nebenbei auch noch um das Outfit der Mitarbeiter, den markenspezifischen, auf Augenhöhe mit dem Gast agierenden Service und andere Details mehr kümmern. Umgesetzt wird alles von einem Erste-eigenen Team unter der Führung von Küchenchef Alfred Schoch. Der war zuletzt in der Marktwirtschaft in Wien-Neubau, hat aber auch schon im Londoner High-End-Japaner Umu gewerkt und sogar einen echten Michelin-Stern erkocht – in der Hotelkombüse Edvard des Wiener Kempinski.

Die Preise sind für einen neuen Asia-Hotspot zivil, für eine Kantine aber gesalzen. Unter zehn Euro je Hauptspeise wird das Angebot sehr dünn, allerdings bekommen Erste-Angestellte für jedes Mittagessen eine Stützung von knapp vier Euro. Zumindest für die wird Mochi-mäßiges Essen mit annähernd Mochi-mäßigem Service also billig wie nie.

Es gibt zwei wöchentlich neu zusammengestellte, zweistöckige Bento-Boxen, die besonders liebevoll gestaltet sind und viel Gutes fürs Geld versprechen. Eine tadellose Miso-Suppe ist immer dabei, ein paar erfreuliche Maki aus dem bereits erwähnten, herausragenden Sushi-Reis ebenso. Dazu gibt es Salat, etwa mit Reisessig marinierten und mit Sesampaste angemachten Gurkensalat zu knusprig gebackenem, innen saftig blätterndem Kabeljau mit Sauce tartare (siehe Bild), oder Cherrytomaten mit Koriander zur knusprigen Miso-Ente mit Sojasprossen. Letztere wirkte im Vergleich zum Kabeljau eher uninspiriert, die Sauce sehr süß, die Knusprigkeit mehr nominell als faktisch.

Rollenspiele

Papayasalat ist extrem knackig, wunderbar frisch und ausgewogen, echtes Arbeitsfutter. Ramen-Suppentöpfe gibt es auch, da darf man sich aber keine komplex zusammengestellten Kompendien aus Brühe, Tare-Würzung, Öl oder Schmalz und frisch gemachten Nudeln vorstellen, wie die Mochis sie in ihrem Ramen-Shop am Vorgartenmarkt noch diesen Herbst anbieten wollen. Dennoch ist die Suppe mit saftiger Hendleinlage, reichlich Gemüse und bissfesten Nudeln ein mehr als angenehm zu schlürfender Topf voll leichter, sauber gewürzter Kraft.

Und die Sushi-Rolls mit den abenteuerlichen Fillings aus frittierter Softshell-Krabbe oder Mayo-Lachs-Tartare, die zum Teil auch knusprig gebacken auf den Tisch kommen und im Mochi-Stammhaus auf der Praterstraße zu den Topsellern gehören? Gibt es hier auch, und zwar in durchaus gleichwertig kranker Köstlichkeit. Was ein bisschen schade ist: dass die exzellente Bier-, Wein- und Cocktailauswahl von den Mittagsgästen gar so links liegen gelassen wird. Die zivilisatorische Wirkung eines guten Gläschens zum Mittagsmahl bleibt also weiterhin dem Westen Europas vorbehalten. (Severin Corti, RONDO, 23.9.2016)