Das klingt ja alles immer so furchtbar großartig, vor allem wenn Barack Obama mit seiner imposanten Redekunst im Spiel ist. Und so lesen sich auch die Ergebnisse des vom US-Präsidenten in New York organisierten Flüchtlingsgipfels im ersten Moment nicht so schlecht: Die an dem Treffen beteiligten Staaten – es waren rund 50 – sicherten die Aufnahme von mehr als 360.000 Flüchtlingen zu. Außerdem versprachen sie, die finanziellen Mittel für Flüchtlingshilfe gegenüber dem vergangenen Jahr um 4,5 Milliarden Dollar aufzustocken.

Außerdem verkündete Obama, dass er aus der Wirtschaftswelt weitere 650 Millionen Dollar zugesagt bekommen habe, um die Lebensbedingungen von Flüchtlingen zu verbessern. Zusätzlich soll die Zahl jener Flüchtlingskinder, die in die Schule gehen können, weltweit um eine Million erhöht werden. Das sind jetzt keine kleinen Zahlen, da könnte man eigentlich schon einmal den Hut davor ziehen.

Im Detail sieht das alles aber etwas anders aus. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat hat allein für das laufende Jahr die Zahl 1,1 Millionen genannt – für so viele der weltweit rund 65 Millionen Flüchtlinge werden Aufnahmeländer gesucht. Also Menschen, die einen Asylgrund haben und in Massenlagern wie Dadaab oder Zaatari mit ihren großteils unmenschlichen Lebensbedingungen festsitzen. Und um das alles auch mit der Flüchtlingsbewegung des vergangenen Jahres in Richtung Europa in Relation zu setzen: 2015 kamen 1,1 Millionen Flüchtlinge allein nach Deutschland. Und in Österreich wurden 90.000 Asylanträge gestellt. Da erscheint die Zahl 360.000 gleich viel kleiner.

Peanuts beschlossen

Auch bei den 4,5 Milliarden Dollar (etwa vier Milliarden Euro) an zugesagten Finanzmitteln müssen andere Zahlen als Richtwert genannt werden. Das deutsche Finanzministerium rechnet für das heurige Jahr mit 16,1 Milliarden Euro für die Versorgung von Flüchtlingen. Das österreichische Pendant geht von einer Milliarde aus. Um es also auf den Punkt zu bringen: Die beim Obama-Gipfel genannten Zahlen sind Peanuts.

Selbst das wäre aber besser als nichts, man wird ja gerade bei diesem Thema genügsam. Doch nicht ohne Grund sagte Samantha Power, Botschafterin der USA bei der Uno, nach dem Gipfel: "In der Vergangenheit haben viele Länder viel versprochen, aber nicht geliefert. Das müssen wir diesmal besser machen." Besser beispielsweise als im vergangenen Jahr, als dem Flüchtlingshochkommissariat und dem UN-Welternährungsprogramm wegen versprochener, aber schließlich ausgebliebener Finanzspritzen das Geld ausging, um die Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens zu versorgen – für viele auch eine der Ursachen, weshalb es 2015 zu der großen Flüchtlingsbewegung in Richtung Europa gekommen ist.

Der Denkfehler

Doch die Vorzeichen stehen schlecht, dass diesmal tatsächlich geliefert wird – sie standen eigentlich schon im Vorfeld von Obamas Flüchtlingsgipfel schlecht. Denn zu diesem Treffen waren vorwiegend Länder eingeladen, die bereits jetzt die Hauptlast in Sachen Flüchtlinge tragen: Österreich, Deutschland, Schweden, Jordanien, Mexiko, um nur einige zu nennen. Wieso sollten ausgerechnet diese Staaten noch mehr leisten, noch mehr Flüchtlinge aufnehmen, noch mehr zahlen, während andere Länder – nennen wir auszugsweise jene aus Osteuropa, aus der vermögenden arabischen Welt und Ostasien – weiterhin jedwede Unterstützung verweigern? Diese Frage werden sich die betreffenden Staats- und Regierungschefs vermutlich auch stellen – und wohl zu einer eindeutigen und für die Flüchtlinge nachteiligen Antwort kommen.

Die Flüchtlingskrise, sagte Obama auf dem Gipfel, sei "ein Test für die internationale Staatengemeinschaft, in der die kollektive Verantwortung aufgeteilt werden sollte". Den gilt es zu bestehen. Wenige Tage vor der Konferenz gab das Weiße Haus bekannt, im nächsten Jahr 30 Prozent mehr Flüchtlinge aufzunehmen als heuer. Das sind 110.000. (Kim Son Hoang, 21.9.2016)