Wien – Die Aktion "Rasen am Ring" ist Geschichte. Die Initiatoren werden den "autofreien Tag" nach neun Jahren heuer erstmals nicht mit einer Kundgebung auf der Ringstraße begehen. Es sei nun Zeit, die "Staffel" an die Stadt weiterzugeben, erklärten sie am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Diese soll den Ring künftig jeden Sonntag zur Gänze sperren.
Die Veranstalter hatten zuletzt jedes Jahr einen Ring-Abschnitt in eine Freizeitoase mit Liegestühlen und Wiesenfläche verwandelt. Man habe nun aber lange genug ehrenamtlich gearbeitet, sagte Axel Grunt von der Plattform "Autofreie Stadt". Der Ball liege jetzt bei der Stadt, konkret bei der grünen Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou. Sie soll dafür sorgen, dass es in Zukunft jeden Sonntag autofreien Ring gibt.
"Wien kann ruhig ein wenig mutiger werden", sagte Grunt angesichts internationaler Vorbilder. In Brüssel sei etwa die Innenstadt einen ganzen Tag lang zur autofreien Zone erklärt worden. In Paris seien Autos jeden Sonntag von den Champs-Elysees verbannt. Wien soll sich in diese "illustre Runde" einreihen.
Frey: "Enorme Reserven im System"
Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften der Technischen Universität Wien erinnerte an die bisher längste Ringsperre: Während der Fußball-EM 2008 habe das gut funktioniert, sogar auf der Ausweichroute "Zweierlinie" seien weniger Autos unterwegs gewesen. "Es gibt enorme Reserven im System", schätzt Frey.
Aktuelle Daten würden belegen, dass der Autoverkehr am Ring ohnehin stagniere, während die Zahl der Fußgänger und Radfahrer steige. Für Radlobby-Sprecher Alec Hager ist es deshalb jetzt nötig, den öffentlichen Raum neu aufzuteilen. Der Ring soll ab 2020 vor allem den nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern gehören, Autos aber nicht völlig ausgesperrt werden. Für Bewohner, Einsatzfahrzeuge und Lieferanten soll es Zufahrtsmöglichkeiten geben, auch Querungen sind in dem Modell vorgesehen.
Die Forderungen seien offenbar nicht zu Ende gedacht, kritisierte der ÖAMTC in einer Aussendung. Er ist auch gegen eine Sonntagssperre nur aufgrund der Tatsache, dass an Wochenenden weniger Fahrzeuge unterwegs seien. Denn dann spräche auch nichts dagegen, im Winter Radwege für Autos zu öffnen, da in der kalten Jahreszeit weniger Radler gezählt würden. (APA, red, 21.9.2016)