San Sebastian/Wien – Das chinesische Drama "I am not Madame Bovary" hat am Samstagabend die Goldene Muschel auf dem 64. Internationalen Filmfestival von San Sebastian gewonnen. Der chinesische Starregisseur Feng Xiaogang erzählt darin die skurrile Geschichte von Li Xuelian, einer Cafe-Besitzerin, und ihrem Ehemann Qin Yuhe, einem Lastwagenfahrer.

Um eine nur schwer in China zu bekommende Zweitwohnung zu ergattern, schmieden sie einen Plan: Sie lassen sich scheiden, damit Qin Recht auf eine neue Wohnung bekommt. Doch der Plan der beiden endet in einer Katastrophe. Denn Li hat nicht mit der Hinterlist ihres betrügerischen Ehemannes gerechnet, der eine Affäre hat. Lis mittlerweile Ex-Mann zieht einfach mit seiner Liebhaberin in das Apartment und vermählt sich nicht erneut mit Li.

Politsatire

Li zieht vor Gericht, um ihren Ruf zu retten und ihr Recht einzuklagen. Doch ihr Feldzug vor den korrupten Behörden dauert ein ganzes Jahrzehnt. Das politsatirische Rechts-Drama ist streckenweise urkomisch, absurd. Regisseur Feng schafft mit einem kreisförmigen Bildformat zudem eine völlig neue Form der Kinowahrnehmung mit Bildern packender Schönheit. In der Hauptrolle ist Chinas derzeit populärste Schauspielerin Fan Binbing zu sehen, die auch in Hollywood als Darstellerin in Blockbustern wie "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit", "Iron Man 3" oder "The Moon and the Sun" zu sehen war.

Für ihre Darstellung von Li Xuelian wurde Fan Binbing in San Sebastian mit der Silbernen Muschel als Beste Schauspielerin geehrt. "Zum Festivalbeginn wurde ich 35 Jahre alt und mein Wunsch war es, diese Auszeichnung zu gewinnen. Mein Traum ist in Erfüllung gegangen", erklärte die sichtlich berührte Star-Schauspielerin aus China.

Unterdessen erhielt Eduard Fernandez für seine beeindruckende Interpretation des Spions Francisco Paesa in dem spanischen Festivalbeitrag "El hombre de las mil caras" (Smoke and Mirrors) die Auszeichnung als Bester Schauspieler.

Der diesjährige Regie-Preis ging an den bekannten südkoreanischen Filmemacher Hong Sang-soo für sein Drama "Yourself and yours". Nachdem Hong im vergangenen Jahr mit der Thematik den Goldenen Leoparden in Locarno gewann, beleuchtet er auch in seinem intimen, streckenweise lustigen neuen Streifen auf grandiose Weise das schwierige Verhältnis zwischen Männern und Frauen.

Im "New Directors"-Wettbewerb setzte sich unterdessen Sofia Exarchou mit ihrem griechisch-türkischen Festivalbeitrag "Park" über die deprimierende Hinterlassenschaft der Olympischen Spiele 2004 in Athen durch.

Der diesjährige Jury-Preis wurde gemeinsam an den argentinischen Gaucho-Film "The Winter" und die schwedische Produktion "The Giant" vergeben. "The Winter" erhielt für die beeindruckenden Bilder der Weite Patagoniens auch die Auszeichnung für die Beste Fotografie. Zum Besten Drehbuch wurde die Arbeit von Isabel Pena und Rodrigo Sorogoyen für den spanischen Krimi "Que Dios nos perdone" (Gott vergebe uns) gekürt.

Die deutsch-österreichische Produktion "Toni Erdmann" von Maren Ade, die zum Festivalbeginn mit dem internationalen Fipresci-Filmkritikerpreis als Bester Film des Jahres ausgezeichnet wurde, ging im Rennen um den beliebten Publikumspreis allerdings leer aus. Hollywood-Star Richard Gere verlieh die Auszeichnung an "I, Daniel Blake" von Ken Loach, Gewinner der letzten Goldenen Palme in Cannes.

San Sebastian im spanischen Baskenland gehört mit Berlin, Cannes und Venedig zu den wichtigsten und größten Internationalen Filmfestivals der Welt. (APA, 24.9.2016)