Auch in Salzburg (im Bild Rauris) werden Zweitwohnsitzeinschränkungen hitzig diskutiert – mit wenig Rücksicht auf Verfassungsbestimmungen.

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Wien – Das Grundverkehrsrecht, wie das Raumordnungs- und Baurecht, ist in Gesetzgebung und Vollziehung Landeskompetenz; jedes Bundesland ist im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben berechtigt, eigene Regelungswerke zu schaffen.

Der Tiroler Landtag hat am Ende Juni Novellen zu den drei Landesgesetzen beschlossen, die mit 1. Oktober 2016 in Kraft treten, und die Zweitwohnsitzbestimmungen angepasst. Zweitwohnsitze sind nun nicht mehr im Tiroler Grundverkehrs-, sondern im Raumordnungsgesetz geregelt, womit Zuständigkeit und Kosten von den Bezirkshauptmannschaften zu den Gemeinden verlagert werden.

Darüber hinaus müssen in- und ausländische Erwerber in Zukunft keine Zweitwohnsitzerklärung mehr abgeben, weshalb auch die bisher notwendige Bestätigung der Anzeige durch die Bezirkshauptmannschaft entfällt. Das vermeidet unnötigen Aufwand und Kosten – eine positive Entwicklung für Erwerber und Gemeinden.

Neu ist vor allem, dass land- und forstwirtschaftliche Räumlichkeiten unter bestimmten Voraussetzungen von Dritten als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfen, sofern die Räumlichkeiten maximal 25 Prozent der Nutzfläche ausmachen. Den erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, dass man damit neue Erwerbsquellen für den Bauernstand schaffen wollte.

Wirtschaftliche Überlebensfähigkeit

Vergeblich sucht man nach einer Erklärung, weshalb dieses Recht sonstigen Hauseigentümern versagt bleibt. Offenbar war deren "wirtschaftliche Überlebensfähigkeit", um die Wortwahl des Gesetzgebers zu verwenden, weniger wichtig.

Weiteres Ziel der Novelle dürfte auch gewesen sein, gewisse Investitionen in Immobilien zum Erliegen zu bringen: Bei Buy-to-Let-Modellen erwirbt der Käufer Eigentum an der Immobilie, überlässt diese jedoch zur Vermietung an Gäste an einen Beherbergungsbetrieb. Durch diese Modelle war es Hotelbetreibern möglich, Geld für notwendig gewordene Sanierungen zu sammeln.

Während der Eigentümer bzw. seine Familie bisher die Räumlichkeiten vorübergehend nutzen konnte, stellt dies in Zukunft einen unzulässigen Freizeitwohnsitz dar. Die genauen Parameter, wann eine Eigennutzung vorliegt, sind nicht definiert.

Außerdem kommen Gemeinden nun erweiterte Möglichkeiten zu, Vereinbarungen mit Grundeigentümern in Zusammenhang mit der Umwidmung zu schließen. So kann eine Verpflichtung zur Überlassung der Flächen an gemeinnützig anerkannte Bauvereinigungen vorgesehen werden. Weshalb nicht-gemeinnützige Bauträger diskriminiert werden, bleibt ebenfalls offen.

Debatte über Enteignungen

Ähnlich strenge Töne sind auch vom Nachbarn Salzburg zu hören, wo ein Gesetzesentwurf im Herbst präsentiert werden soll. Dort ist eine Verschärfung bei der Übertragung von Zweitwohnsitzen angedacht; es wird also lautstark über eine Enteignung gesprochen. Wie in Tirol (acht Prozent), überlegt man auch in Salzburg eine Höchstgrenze für Freizeitwohnsitze pro Gemeinde (zehn Prozent).

Deutlicher wird in Salzburg das Thema Überwachung von Eigentümern diskutiert, um in Zukunft allfällige Zweitwohnsitze schneller lokalisieren zu können. Bei der Diskussion über die Einhebung einer besonderen Abgabe für Zweitwohnsitze scheinen die Wogen, wenig überraschend, weniger hochzugehen.

Die Diskussion in den Ländern ist nicht neu, zum Teil ist sie auch deshalb hitzig und emotional. Umso weniger ist es jedoch verständlich, weshalb verfassungsrechtliche Bedenken so wenig berücksichtigt werden. Die angesprochene Besserstellung von Hofbetreibern, die in Zukunft Räumlichkeiten als Zweitwohnsitze vermieten, aber nicht verkaufen dürfen, gegenüber sonstigen Eigentümern, denen diese Einnahmequelle verwehrt ist; die Eigennutzung bei Buy-to-Let-Modellen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben; oder die Bevorzugung von gemeinnützigen Bauträgern – sie alle sind Beispiele für verfassungsrechtlich bedenkliche Gesetze.

Dabei sind viele Vorbehalte gegen Zweitwohnsitze nicht mehr aktuell: Die Schaffung von Freizeitwohnsitzen kann benötigtes Kapital in die Gemeinden bringen, einerseits in Form des Kaufpreises, andererseits als besondere Gemeindeabgabe, die den Gemeindeetat aufbessert. Nebenbei würden die Kosten für die Administration der Zweitwohnsitzverbote zur Gänze entfallen. Diese wirtschaftlichen Argumente spielen allerdings kaum eine Rolle.

Bei all dem sollte auch bedacht werden, dass das Leerstehenlassen einer Wohnung nicht unter den Zweitwohnsitz fällt. Dies scheint in Zeiten der herrschenden Wohnungsnot nicht nachvollziehbar. (Klaus Pfeiffer, 26.9.2016)