Und immer grüßt das Murmeltier. Möglicherweise werden im Dezember zum dritten Mal in zwölf Monaten Parlamentswahlen in Spanien abgehalten. Weder die Wahl am 20. Dezember 2015 noch jene am 26. Juni 2016 brachte einen klaren Gewinner, und die Parteien waren bisher nicht in der Lage, eine Koalitionsregierung zu bilden. Auch die Ambition, neue Koalitionsvarianten ausloten zu wollen, scheint enden wollend, denn in Galizien und dem Baskenland wurde gerade gewählt, und die katalanische Regierung steht vor einer Vertrauensabstimmung. Vehemente Gegensätze und fehlende Erfahrung in parlamentarischer Arbeit ohne klare Mehrheiten haben bisher eine Koalitionsbildung verunmöglicht und das Land immer tiefer in die politische Sackgasse geführt.

Nur kann die aktuelle interimistische Regierung weder Budgets beschließen noch internationale Verhandlungen führen. Im Juli ist Madrid – trotz Verstoßes gegen europäische Defizitregeln – knapp einer Geldstrafe entgangen. In den nächsten zwei Jahren sollten insgesamt zehn Mrd. Euro eingespart und bis 15. Oktober der neue Konsolidierungspfad präsentiert werden. Doch ohne beschlossenen Budgetplan – der letztjährige Haushalt wird fortgeschrieben – wird Spanien die EU-Kommission nur schwer überzeugen können.

Madrid droht auch an internationalem Einfluss zu verlieren. Dabei ist Spanien ein Schlüsselland, um irreguläre Einwanderung zu verhindern. Es ist auch ein aktives Land im Kampf gegen den Terrorismus und – Stichwort ETA – reich an diesbezüglicher Erfahrung. Als viertgrößte EU-Volkswirtschaft muss es wesentlich entschiedener als bisher die Weiterentwicklung der Wirtschafts- und Währungsunion und die Diskussion um Wachstum und Beschäftigung beeinflussen. Auch müsste es ein ureigenes spanisches Interesse sein, seinen Einfluss auf die Brexit-Verhandlungen geltend zu machen. Neben dem Konflikt um Gibraltar ist gerade die Frage der Personenfreizügigkeit ein heikler Punkt. Schließlich lebt in Spanien eine beträchtliche Anzahl an Briten. Und mit Blick auf regionale Unabhängigkeitsbestrebungen innerhalb der eigenen Grenzen ist das Land ein vehementer Gegner einer EU-Mitgliedschaft eines unabhängigen Schottlands.

Auf dem Reißbrett scheint derzeit nur eine Dreierkoalition den politischen Stillstand beenden zu können. Die konservative PP, die sozialistische PSOE und die liberale Ciudadanos hätten zusammen eine klare Mehrheit. Lässt man die persönlichen Streitigkeiten beiseite, gäbe es auch einige inhaltliche Überscheidungen. Immerhin hatten sich die Sozialisten mit den Liberalen schon auf ein Reformpaket geeinigt, das zu drei Vierteln auch von den Konservativen akzeptiert wurde.

Weder der konservative noch der sozialistische Parteichef erhielt bisher ausreichend parlamentarische Unterstützung, um ein funktionierendes Regierungsprojekt auf Schiene zu bringen. Es wäre an der Zeit, den Weg freizumachen für neue politische Köpfe, die mehr Dialog- und Kompromissbereitschaft an den Tag legen. (Paul Schmidt, 26.9.2016)