Potsdam – Eine gigantische "Wippe" verbindet das Klima in China und Australien miteinander, wie das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) berichtet: Wenn in China der Regen im Sommer schwach ist, ist er in Australien stark – und umgekehrt. Entdeckt wurde diese Wechselwirkung erst jetzt. Das Auf und Ab geschieht dabei nicht von Jahr zu Jahr, sondern über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg.

Klettern für die Statistik

Weil es keine direkten Daten zur Monsun-Dynamik in den vergangenen Jahrtausenden gibt, mussten die Wissenschafter mit indirekten Belegen arbeiten. "Uralte Tropfsteine in Höhlen sind erstaunliche Zeugen der Vergangenheit – da sie jedes Jahr nur um Millimeter-Bruchteile wachsen, können wir in ihnen die Veränderungen der chemischen Zusammensetzung über die Zeit hinweg von einer Schicht zur anderen sehen", erklärt Studienkoautor Norbert Marwan vom PIK.

Für die neue Studie hat das Team Daten aus der Dongge-Höhle in Südchina und der Höhle KNI-51 in Nordwest-Australien verwendet. "Die Höhlen zu durchklettern, das mag herausfordernd klingen", so Marwan. "Aber die wirkliche Herausforderung ist, die in den Tropfsteinen gespeicherten Informationen zu entschlüsseln – also tausende von Isotopen-Proben zu analysieren und bestimmten klimatischen Bedingungen zuzuordnen. Das geht nur mit Statistik."

"Wir waren überrascht, wie deutlich das Auf und Ab der Regenfälle in Ostasien und Australien einander genau entgegengesetzt ist, es ist wirklich eine gigantische Wippe", sagt der Potsdamer Forscher Deniz Eroglu. "Wir mussten aufwändig Schneisen durch das Datengewirr schlagen, um dieses Muster zu entdecken. Unsere Methode der statistischen Analyse von Zeitreihen mag arg kompliziert scheinen, aber unsere Ergebnisse haben Bedeutung für die reale Welt."

Hintergrund

Australien, genau wie China, ist abhängig vom sommerlichen Monsunregen. "Beide Länder haben in der Vergangenheit trockene und nasse Perioden erlebt – besonders im Nordwesten Australiens sind Tourismus und Landwirtschaft verletzlich durch Überschwemmungen oder Buschbrände, so dass jede Veränderung der Niederschlagsmuster große Auswirkungen auf die hier lebenden Menschen haben könnte", sagt Koautor Thomas Stemler von der Universität West-Australiens.

"Allerdings ist dies weit über die Region hinaus von Bedeutung – der Ost-Asiatisch-Indonesisch-Australische Sommermonsun ist eine Wärmequelle, die während des Winters in den USA, Russland und Europa die weltweite Zirkulation von Luftströmen antreibt. Es wird spannend zu erkunden, wie die von uns entdeckte Wippe möglicherweise auch Auswirkungen auf weit entfernte Teile der Welt haben könnte", so Stemler weiter.

"Die Monsun-Wippe wird wahrscheinlich von Faktoren angetrieben, welche die Menschen nicht beeinflussen können – einschließlich der Neigung der Erdachse und der Sonnenaktivität, also durch die Himmels-Mechanik", sagt Koautor Jürgen Kurths vom PIK. "Die Muster von Luftströmungen und Niederschlägen zu verändern, ist allerdings leider etwas, das wir Menschen durchaus tun können, und mit unserem Ausstoß von Treibhausgasen und der daraus resultierenden globalen Erwärmung auch bereits tun." (red, 1. 10. 2016)