Die Debatte wurde auf mehreren US-Fernsehsendern sowie via Twitter und Youtube als Livestream übertragen. Bis zu 100 Millionen Zuschauer wurden erwartet.

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Montag, 26. September, 19 Uhr abends im East Bank Club, dem größten Fitnesszentrum in Chicago mit Schwimmbädern, Tennis, riesigen Trainingshallen für Laufen, Gewichtheben und sonstiges Muskeltraining und einem Restaurant mit einem Dutzend TV-Geräten.

Das Restaurant ist völlig überfüllt an diesem Abend, niemand spielt Tennis, keiner schwimmt oder trainiert. Das Interesse am ersten TV-Duell der US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump schlägt alle Sportereignisse. An Montagen dominieren sonst üblicherweise die Übertragungen der Football-Spiele.

Am Tisch sitzen Fred, ein Pilot der United Airlines, Barry, der Blumen übers Internet verkauft, und Robert, ein pensionierter Dentist.

Fred: Das war doch wieder eindeutig heute.

Barry: Sicher, es war eindeutig. Ich stehe zu meiner Entscheidung und werde sie auch nach dieser Diskussion nicht ändern.

Fred: Ich kenne deine Meinung. Die Frau sprach jedoch wie ein Automat, jeder Satz auswendig gelernt, völlig emotionslos.

Barry: Du spinnst. Sie war sachlich und konzentriert. Trump hat herumgeeiert und ist jeder konkreten Frage ausgewichen.

Robert: Ich weiß nicht, warum ihr euch aufregt. Sie waren beide unmöglich und nicht anders als in den letzten Monaten.

Fred: Und? Gehst du überhaupt wählen?

Robert: Ich kann mich nicht entscheiden. Schau dir doch die beiden an. Ich kann nicht einen der beiden wählen, um den anderen oder die andere zu verhindern.

Barry: Hillary hat ihn von Anfang an unter Druck gesetzt. Wann immer sie ein Problem ansprach, wich er mit persönlichen Angriffen aus.

Fred: Blödsinn! Er ist mit den echten Themen gekommen, die die Amerikaner heute beschäftigen! Und wenn ich schon den applaudierenden Bill Clinton dort sitzen sehe. Was für eine korrupte Familie, immer wieder Lügen und nochmals Lügen. Wie kann so jemand Präsident werden? Wenigstens ist Trump ein erfolgreicher Geschäftsmann.

Barry: Erfolgreich? Mach dich nicht lächerlich. In der "New York Times" sind heute zwei ganze Seiten mit seinen falschen Behauptungen, Verdrehungen und Unwahrheiten aufgelistet.

Fred: "New York Times"? Was sollen sie sonst schreiben? Die hassen Trump.

Robert: Darum geht es doch! Es dreht sich alles nur noch um Hass. Wer hasst wen und warum. Beide vermitteln keine Gründe, warum man sie wählen sollte.

Fred: Das nennt man Wahlkampf.

Robert: Eben nicht. Obama wurde gewählt, weil die Mehrheit von ihm begeistert war.

Fred: Bis zum bösen Erwachen ...

Robert: Um das geht es jetzt nicht. Du kannst heute über ihn denken, wie du willst. Vor seiner Wahl gab es diese Begeisterung!

Barry: Die gibt es auch für Hillary, zumindest in gewissen Kreisen.

Fred: Die musst du mir zeigen, diese Kreise ... da könnte ich dir auch genügend Kreise zeigen, die Trump verehren. Aber es stimmt schon, unser Land ist geteilt wie nie zuvor.

Robert: Sie spricht wie aufgezogen, und er ist ein Choleriker, der jede Minute den Faden verliert. Wähle ich Trump, könnte ich Lotto spielen, vielleicht gewinnt das Land, vielleicht verliert es alles. Wird Clinton Präsidentin, haben wir in der Regierung einen Freundeskreis der Clintons, die sich das Land unter sich aufteilen. Egal wer gewinnt, bei dieser Wahl hat Amerika schon jetzt verloren. Wir haben uns mit diesen beiden Kandidaten in der Welt lächerlich gemacht.

Alle drei schweigen.

Fred: Übrigens, kann einer von euch für mich morgen beim Tennis einspringen? Ich wurde für einen frühen Flug eingesetzt, obwohl es mein freier Tag ist.

Barry: Ich kann für dich spielen, wenigstens haben wir noch unseren Club, egal wer von den beiden gewinnt.

Robert: Verdammt, was ist nur aus uns geworden. (Peter Sichrovsky, 27.9.2016)