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Ein gepanzertes Fahrzeug islamistischer Rebellen in Aleppo.

Foto: Reuters/Abdullah

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Dieses über Aleppo abgeworfene Flugblatt zeigt getötete Rebellen. Überschrift: "Das ist euer Schicksal", links unten: "Wer ist der Nächste?"

Foto: REUTERS/Abdalrhman Ismail

Damaskus/Aleppo – Syriens Armee hat mit einer Bodenoffensive auf die Rebellengebiete der Großstadt Aleppo im Norden des Landes begonnen. Armee und Verbündete griffen aus vier Richtungen an, hieß es am Dienstag aus syrischen Militärkreisen. Die Offensive sei nach mehreren Tagen heftiger syrischer und russischer Luftangriffe auf die Opposition gestartet worden.

Aleppo gehört im syrischen Bürgerkrieg zu den am meisten umkämpften Gebieten. Die Stadt besitzt für beide Seiten einen großen strategischen und symbolischen Wert. Das Regime kontrolliert den Westen der früheren Handelsmetropole, Kräfte der Opposition den Osten. Die Rebellengebiete sind seit Wochen von der Außenwelt abgeschnitten. Bis zu 300.000 Menschen sind dort eingeschlossen und leiden unter massivem Mangel an Nahrung, Trinkwasser und medizinischer Versorgung.

Heftige Kämpfe

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, Syriens Armee sei bei heftigen Kämpfen in Aleppos Altstadt vorgerückt und habe dort zwei oder drei Gebäude eingenommen. Es handle sich bisher nicht um einen strategisch wichtigen Erfolg. Aus syrischen Militärkreisen hieß es hingegen, die Armee habe das Viertel Al-Firafara nahe der Zitadelle Aleppos eingenommen.

Der von Rebellen kontrollierte Osten Aleppos hatte in den vergangenen Tagen den heftigsten Bombenhagel seit Beginn des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren erlebt. Mehr als 260 Menschen wurden bei dutzenden täglich erfolgten Luftangriffen getötet. Die USA und Russland machten sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Luftangriffe

Auch am Dienstag griffen Jets und Hubschrauber Rebellengebiete an, wie die Menschenrechtsbeobachter weiter meldeten. Die Rettungshelfer der Organisation Weißhelme berichteten von mindestens 13 Toten.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) forderte die sofortige Einrichtung humanitärer Korridore, durch die Kranke und Verwundete den Osten Aleppos verlassen können. In dem immer wieder von Regierungstruppen angegriffenen Teil der Stadt gebe es nur noch 25 medizinische Einrichtungen und nur noch 35 Ärzte, die völlig überfordert seien, erklärte WHO-Sprecherin Fadéla Chaib in Genf.

Allein am vergangenen Wochenende seien mehr als 200 weitere Verletzte in längst überfüllte Gesundheitseinrichtungen in Ostaleppo gebracht worden. Sämtliche Zugänge für Helfer nach Aleppo seien versperrt.

USA stocken Hilfe auf

Die Vereinigten Staaten haben derweil ihre Hilfe für Syrien noch einmal deutlich aufgestockt und weitere 364 Millionen Dollar (323,21 Millionen Euro) für die Bürgerkriegsopfer bereitgestellt, sagte die Staatssekretärin im Außenministerium, Anne Richard, am Dienstag in Washington. Insgesamt steige der für Syrien aus US-Mitteln bereitgestellte Betrag auf 5,9 Milliarden Dollar.

Richard erneuerte den Aufruf der USA an alle Kriegsparteien, humanitäre Hilfe für die Bürgerkriegsgegenden nicht aufzuhalten. Sie erklärte, die USA hätten auch bei der Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen zugelegt, ohne allerdings Zahlen zu nennen.

SOS-Kinderdorf von Mörsergranaten getroffen

Infolge zunehmender Kampfhandlungen ist das SOS-Kinderdorf Damaskus von zwei Mörsergranaten getroffen worden. "Alle 156 Kinder und 46 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des SOS-Kinderdorfs sind physisch unversehrt geblieben und wurden evakuiert", berichtete Alia Al-Dalli, Direktorin der SOS-Kinderdörfer im Nahen Osten und Nordafrika, am Mittwoch. Der Vorfall ereignete sich am Dienstag.

SOS-Kinderdorf ist seit 30 Jahren in Syrien tätig und wird seine Arbeit fortsetzen. Die Hilfsorganisation appellierte an alle Konfliktparteien in Syrien und an die Weltgemeinschaft, die Gewalt zu beenden, sich rasch für eine neue Waffenruhe und sichere Hilfstransporte einzusetzen. "Der Zusammenbruch der Waffenruhe hat zu einer Eskalation der Gewalt geführt, von deren Auswirkungen Frauen und Kinder ganz besonders betroffen sind", sagte Al-Dalli. "Wir werden trotz der schwierigen Lage unsere humanitäre Hilfe fortsetzen und geflohene, schutzlose Kinder und Familien weiter mit lebenswichtigen Gütern und medizinischer Hilfe versorgen."

In und um Aleppo versorgt SOS-Kinderdorf in Zusammenarbeit mit dem Syrian Arab Red Crescent (SARC) laut Aussendung täglich bis zu 2.500 Familien, also ca. 12.000 Personen, mit einer warmen Mahlzeit. Zusätzlich wurden 1.000 Essenspakete mit Lebensmitteln für eine Familie für ein Monat bereitgestellt. Rund 2.000 Personen erhalten jeden Tag Trinkwasser. Mit Speichertanks und Lieferwägen möchte SOS-Kinderdorf die Trinkwasserversorgung auf 7.000 Menschen ausdehnen.

Im SOS-Team für Aleppo ist derzeit ein Mediziner im Einsatz, SOS-Kinderdorf plant, noch zwei Ärzte hinzuzuziehen. Bisher wurden 300 Kinder ärztlich betreut und mit Medikamenten versorgt. Vier Kinder wurden in sehr kritischem Zustand in andere medizinische Einrichtungen überführt und ein Kind mit einem Rollstuhl ausgestattet. Für Schwangere und Frauen mit Säuglingen wurden Baby-Pakete (Säuglingsmilch, Windeln, Decken, Kleidung) verteilt und an Familien 1.100 Hygienepakete mit einem Monatsvorrat an Seife, Zahnpasta und Waschpulver. (red, APA, dpa, 27.9.2016)