So ein Riesenfaultier wäre doch eine Bereicherung der in Sachen Megafauna artenarmen nordamerikanischen Landschaften.
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Vergessen wir "Jurassic Park" und die großen Dinosaurier, ihre Zeit liegt ein Erdzeitalter zurück. Aber wie sieht es mit Tieren aus, die noch vor einigen tausend oder gar nur hundert Jahren existierten? Die also eigentlich zur biologischen Gegenwart gehören, aber verdächtigerweise immer gerade dann ausgestorben sind, wenn der erste Mensch auf ihrem Kontinent oder ihrer Insel eingewandert ist? Der Dodo und der Elefantenvogel, das Wollhaarmammut und das Riesenwombat Diprotodon: Sollen wir solche Spezies – vorausgesetzt, es gibt die Mittel dazu – zurück ins Leben rufen?

Tierische Proxys

Es geht nicht nur am Schauwerte, es würden auch handfeste ökologische Gründe dafür sprechen: Großtiere spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle für ihre Ökosysteme. 2015 erst wies eine Studie darauf hin, dass sich in Nordamerika durch das Verschwinden von Großtieren und ihrer Abfallprodukte ganze Landschaften verändert haben ("Die Welt könnte etwas mehr Kot gebrauchen"). Im vergangenen Jahrzehnt schlug eine Initiative von US-Biologen sogar vor, Asiatische Elefanten, afrikanische Geparden und andere Spezies aus der Alten Welt in Nordamerika anzusiedeln, damit sie die Rolle ihrer dort ausgestorbenen Verwandten übernehmen können.

Das mag auf den ersten Blick skurril klingen. Doch in (auch zeitlich) kleinerem Maßstab finden solche Projekte sogar in unserer Nachbarschaft statt – so wurden bereits in mehreren europäischen Regionen "urtümliche" Rinder und Koniks als Ersatz für die ausgerotteten Auerochsen und Tarpane angesiedelt ("Tschechien wildert auerochsenähnliche Rinder aus"). Und auch die medial eng begleitete Wiederansiedlung des Waldrapps ist letztlich nichts anderes als die Zurückholung eines Tiers, das einst in unser Ökosystem gehört hat, aber ausgerottet wurde. Glücklicherweise hatte wenigstens diese Spezies ein Refugium auf einem anderen Kontinent ("Ein Vogel von herber Schönheit").

Pleistocene Park

Kniffliger wird es, wenn statt eines tierischen "Proxys" eine ausgestorbene Spezies tatsächlich genetisch – mehr oder weniger genau – rekonstruiert werden soll. Der jüngste Beitrag zur Debatte, ob dies technisch machbar und auch ethisch vertretbar ist, kommt von Wissenschaftsjournalist David Shultz in "Science". Shultz weist darauf hin, dass sich das Arsenal genetischer Manipulationsmöglichkeiten in den vergangenen Jahren laufend erweitert und verfeinert hat – auch die revolutionäre "DNA-Schere" CRISPR-Cas9 könnte hier zum Einsatz kommen.

Auch Shultz betont unter Verweis auf Biologen die ökologische Bedeutung von potenziell zurückholbaren Tierarten – Biologen, die sogar bereits zwei Favoriten auserkoren haben: das Wollhaarmammut und die Wandertaube. Das Resümee, das Shultz' Gesprächspartner ziehen, kommt etwas überraschend. Für sie sind solche Gedanken nämlich keine Zukunftsfantasie mehr, im Gegenteil: Aufgrund des gentechnischen Fortschritts sei es hoch an der Zeit, sich Gedanken darüber zu machen, welche Spezies man rekonstruieren und was man mit ihnen tun will. Selbst die Weltnaturschutzunion IUCN befasse sich bereits seit Jahren mit "dem nächsten Schritt" des Artenschutzes.

Conclusio: Zur Regelung brauche es bald Gesetze, denn das Thema lasse sich nicht mehr länger aufschieben. Den vollständigen Text finden Sie hier:

--> Science: "Should we bring extinct species back from the dead?"

(jdo, 2. 10. 2016)