Robert Winkler entwickelt eine Technik zum Aufbau komplexer Architekturen im Nanobereich.

Foto: FELMI-ZFE

Graz – Mit einem Elektronenmikroskop kann man bis in den Bereich einzelner Atome vordringen. In den Geräten wird ein Strahl aus beschleunigten und gebündelten elektrisch geladenen Teilchen genutzt, um eine Probe abzubilden. Die Wellenlänge dieses Elektronenstrahls ist wesentlich geringer als jene von Licht – was höhere Auflösungen möglich macht. Robert Winkler verwendet das Elektronenmikroskop aber noch zu einem anderen Zweck. Der Physiker nutzt Elektronen, um gezielt kleinste, freistehende Materiestrukturen aufzubauen. Er verwandelt das Analysegerät in eine neue Art von 3-D-Drucker, das im Nanometerbereich arbeitet.

Die Entwicklung füllt die Seiten seiner Dissertation, an der er gerade im Forschungsverbund FELMI-ZFE in Graz, einem Zusammenschluss des Instituts für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz (FELMI) und des Zentrums für Elektronenmikroskopie Graz (ZFE), schreibt. Das ZFE ist Mitglied der ACR (Austrian Cooperative Research), dem vom Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium finanzierten Forschungsdachverband.

"Zusätzlich zum Elektronenstrahl wird in die Probenkammer ein metallhaltiges Gas eingelassen. Der Strahl spaltet an der Oberfläche absorbierte Gasmoleküle auf, worauf sich diese verfestigen und haften bleiben", erklärt Winkler die Grundlagen. Bisher reparierte man auf diese Weise etwa fehlerhafte Metallkontakte.

Während der Diplomarbeit hatte er Zeit, sich mit diesem Prinzip zu beschäftigen und "herumzuspielen", so der 1979 geborene Physiker. Bewegt man den Strahl langsamer, wachsen die Strukturen in die Höhe, durch gezielte Manöver lassen sich komplexe Strukturen erzeugen. Also schrieb Winkler Programme, die Verweilzeit und Koordinaten des Strahls vorgeben, um kleinste 3-D-Architekturen zu schaffen. Zum Beispiel hat er ein Modell der Glaspyramide des Pariser Louvres nachgebildet. Maßstab: 1:8.000.000.

"Die dünnsten Strukturen weisen eine Dicke von nur etwa 150 Atomen auf und sind damit etwa 5000 Mal dünner als ein Blatt Papier", so Winkler. "Bei der Optimierung sind allerdings zig Parameter – von der Dichte des Gases bis zur Zahl der Elektronen im Strahl – zu berücksichtigen. Das macht die Sache kompliziert."

Gemeinsam mit US-Kollegen der Oak Ridge National Laboratories und der University of Tennessee, mit denen die Forscher vom FELMI-ZFE kooperieren, wird nun eine CAD-Software entwickelt, die virtuelle Modelle in Steuerungsanweisungen für das Elektronenmikroskop umwandelt und damit "3-D-druckt". Als eine erste Anwendung werden spezielle Messsonden für Rasterkraftmikroskope hergestellt, die Daten generieren, indem sie Proben physisch abtasten.

Dass die Physik seine Karriere bestimmen werde, war dem in Hartberg aufgewachsenen Steirer schon früh klar. Doch auch mit seiner zweiten großen Begabung, dem Gitarrenspiel, lief es gut: "Ich wollte beides parallel studieren, doch das war nicht so einfach. Also habe ich mich zuerst auf die Musik und danach auf die Physik konzentriert." Heute gehört beides ganz selbstverständlich zu seinem Leben. "Die Musik ist aber kein Ausgleich für die Physik. Es sind beides relativ abgeschlossene Sphären, mit denen ich jeweils sehr glücklich bin." (Alois Pumhösel, 30.9.2016)