Graz – Unser Gehirn ist in der Lage, Wörter mit vertauschten oder fehlenden Buchstaben problemlos zu lesen. Solange die ersten beiden Zeichen richtig sind und damit das Bild stimmt, vervollständigt das Gehirn selbstständig, was es zu kennen glaubt. In gewisser Weise beschäftigt sich die Performancekünstlerin Elisabeth Bakambamba Tambwe genau mit diesem Phänomen. Auch in ihrem neuen Programm Pink Eye, das sie beim Steirischen Herbst vorstellt, hinterfragt die Künstlerin die Sicht auf die Dinge und wie sehr man dem Blick vertrauen kann.
Tambwe, geboren 1971 in Kinshasa (Kongo), ist in Paris aufgewachsen und lebt seit zehn Jahren in Österreich. In ihren Performances beschäftigt sie sich mit individuell unterschiedlichen Wahrnehmungen und den in uns wirkenden Filtern, mit denen wir Personen in Kategorien einteilen. Auch ihr selbst widerfuhr oft, nach Codes wie Herkunft, Hautfarbe oder Geschlecht bewertet zu werden. Durch ihre Ausbildung zur bildenden Künstlerin und ihrer Arbeit als Choreografin verhandelt sie auch stets die Grenzen zwischen Malerei und Tanz neu. Ihren formalen Fokus legt sie auf Volumen und Raum, den inhaltlichen Schwerpunkt auf die Manipulation von Körpern in Westeuropa und dem Kongo, auf historische und gegenwärtige Formen des Kolonialismus.
Elisabeth B. Tambwe sieht sich als Tänzerin und Performerin in ihren eigenen Installationen stets auch als Ausstellungsobjekt. "Der Körper", sagte sie einmal in einem Interview in den European Cultural News, "bringt immer das zum Ausdruck, was man verstecken möchte. Manchmal auch auf eine perverse Art und Weise."
Verschwommener Blick
Der Programmtitel Pink Eye lässt einige Assoziationen zu: Da wäre zunächst die rosarote Brille, die frisch Verliebten gerne zugesprochen wird. Als "Pink Eye" wird aber auch eine Augenentzündung bezeichnet. In beiden Fällen ist der Blick verschwommen, unklar, verzerrt – und letztendlich negativ besetzt.
Dass allerdings das normale Sehen ebenfalls trügerisch und verfälscht sein kann, davon ist die Künstlerin überzeugt. Das Programm verspricht auch den von Tambwe gewohnt ironischen Blick auf die Dinge nicht zu verlieren und kündigt an, "fröhlich-trashig" zu werden. (Katharina Stöger, Spezial, 30.9.2016)