Altaussee/Graz – Die Rettung von aus ganz Europa geraubten Kunstwerken vor der Zerstörung durch die Nazis ist dieser Tage wieder Thema im steirischen Salzkammergut. Bei einer zweitägigen Veranstaltung in Altaussee soll versucht werden, bis heute offene Fragen zu klären. Am Samstag werden die einheimischen Helfer der eigens zur Rettung der Kunstschätze gebildeten US-Spezialeinheit, bekannt als "Monuments Men", feierlich gewürdigt.

Unter der Leitung der Historikerin Karin Schmidlechner vom Geschichteinstitut der Karl-Franzens-Universität Graz (KFU) kamen am Donnerstag neben Wissenschaftern aus mehreren Ländern auch einheimische Zeitzeugen zu Wort. Bei dem bereits am Mittwoch begonnenen Workshop geht es in erster Linie um drei zentrale Fragen, wie Schmidlechner erläuterte.

Schätze im steirischen Salzbergwerk

Zum einen gibt es bis heute unterschiedliche Angaben darüber, wie viele gestohlene Objekte in dem verzweigen Stollensystemen des steirischen Salzbergwerks eingelagert waren. Von Angaben von Zeitzeugen und deren Nachkommen involvierter Einheimischer – die sich damals an der von fünf Soldaten der US-Spezialeinheit "Monuments Men", der breiten Öffentlichkeit bekannt durch den gleichnamigen Kinofilm zu dem Thema mit George Clooney (2014) – betätigten, erwartet man sich dazu mehr Klarheit.

Ebenso fraglich ist bis heute, wie lange nach dem Kriegsende gerettete Kunstobjekte noch in den Stollen verblieben sind. Im Jahr 1945 unterließen die örtlichen Bergleute die befohlene und bereits vorbereitete Sprengung des geheimen Kunstlagers und ermöglichte so die Rettung unschätzbarer Kunstwerke wie den Genter Altar der Brüder Van Eyck und die Brügger Madonna von Michelangelo. Der derzeitige Stand der Forschung geht davon aus, dass zumindest bis ins Jahr 1966 weniger berühmte Kunstwerke noch im Stollen verblieben. Laut Schmidlechner ist aber davon auszugehen, dass noch wesentlich länger Objekte an Ort und Stelle verblieben. Gerüchten zufolge könnten einzelne Stücke noch heute im Berg sein.

Viele Frauen halfen bei der Rettung der Kunstschätze

Schließlich geht es auch um eine neue Definition des Widerstandsbegriffs. Unterschiedlich wahrgenommen und gewertet werden nämlich bis heute die einzelnen Beiträge der damaligen Akteure – Soldaten der US-Armee, Ortsansässige, nationalsozialistische Funktionäre, Männer und Frauen. Schmidlechner betont, dass man die Veranstaltung besser unter das Motto "Stille HeldInnen" hätte stellen müssen, da unter jenen, die durch ihre Haltung und Taten maßgeblich zur Rettung der Kunstschätze beigetragen haben, zahlreiche Frauen zu finden sind.

Bei dem Workshop kommt neben Experten und Expertinnen wie Birgit Schwarz oder Helmut Kalss, der eine Dissertation zum Thema schrieb, auch Dorothee Schneider von der Monuments-Men-Stiftung in Dallas im US-Bundesstaat Texas zu Wort. Schneider sagte der APA am Donnerstag vor ihrem Vortrag, dass im Rahmen einer geplanten, permanenten Ausstellung im National World War II Museum in New Orleans (Bundesstaat Louisiana) auch eine Schauinstallation des steirischen Bergwerks vorgesehen ist. (APA, red, 29.9.2016)