Bild nicht mehr verfügbar.

In der EU gibt es 14,5 Millionen Menschen, die während der Arbeit mehr als 75 Prozent der Zeit im Freien verbringen. Sie sind besonders gefährdet.

Foto: AP

Die moderne Immuntherapie lässt Patienten mit fortgeschrittenem Melanom deutlich länger leben. Doch für die Ausdehnung dieses revolutionären Behandlungskonzepts auf die häufigsten Karzinomleiden ist es viel zu teuer, hieß es kürzlich bei der Jahrestagung der Europäischen Akademie für Dermatologie und Venerologie in Wien.

"Das Melanom ist einzigartig, weil es bereits bei einer Dicke von nur einem Millimeter metastasieren kann", sagte Martin Röcken, Dermatologe aus Tübingen zu den Fortschritten bei der Behandlung des malignen Melanoms. Jahrzehntelang bedeutete ein metastasiertes Melanom im fortgeschrittenen Stadium nur eine Lebenserwartung von rund zehn Prozent innerhalb eines Jahres.

Das hat sich dramatisch geändert. "Mit der zielgerichteten medikamentösen Therapie bei einer Mutation des BRAF-Gens (mit der Substanz Vemurafinib; Anm.) konnte man die Krankheit bei 30 bis 40 Prozent der Patienten drei Jahre und länger unter Kontrolle halten", so Röcken. Die Revolution setzte aber vor rund fünf Jahren mit monoklonalen Antikörpern (z.B. Nivolumab) ein, welche die Abwehrkräfte des Patienten durch das Aufheben der Bremswirkung von Tumor-Signalen (CTLA-4, PD-1, PD-L1) wieder "anspringen" lassen.

Langfristig überleben

"Wir können das weitere Wachstum von Metastasen im Zeitraum von 24 Monaten bei 70 Prozent der Patienten stoppen", sagte der deutsche Experte. Erstmals könnte es möglich werden, dem fortgeschrittenen Melanom die Aggressivität zu nehmen und damit die Patienten auch längerfristig überleben zu lassen. Erste Hinweise deuteten sogar darauf hin, dass man eventuell sogar ganz mit der Therapie aufhören könnte, wenn das Immunsystem das Melanom unter Kontrolle halten könnte.

Das Prinzip wäre bei rund einem Viertel aller Karzinomerkrankungen geeignet. Doch Bröcken stellte dezidiert dar, dass das unter den derzeitigen Preisen für die Therapien unmöglich sei: "Das kostet pro Patient 200.000 bis 250.000 Euro. Das wären 20 Prozent der Spitalskosten. Wir haben im Jahr rund hundert derartige Melanompatienten. Das würde 25 Millionen US-Dollar (22,3 Millionen Euro) ausmachen. Das kann sich niemand leisten. Wir brauchen hier eine neue Diskussion zwischen Politik, Medizin und Pharmaindustrie."

Doppeltes Risiko

Viel häufiger als das Melanom ist der Weiße Hautkrebs mit dem Basalzell- und dem Plattenepithelkarzinom, hieß es ebenfalls beim Dermatologenkongress.

"Acht bis elf Prozent der Menschen in Deutschland erkranken an Weißem Hautkrebs. Zu 90 Prozent sind die Krankheiten auf die UV-Exposition zurückzuführen. In der EU gibt es 14,5 Millionen Menschen, die während der Arbeit mehr als 75 Prozent der Zeit im Freien verbringen", sagte Swen Malte John von der Universitätsklinik Osnabrück. "Sie haben das doppelte Risiko für die Krankheiten." Plattenepithelkarzinome und Basaliome enden selten tödlich, doch nur eine frühzeitige Behandlung kann potenziell entstellende chirurgische Eingriffe unnötig machen, da diese Tumoren auch noch häufig am Kopf bzw. im Gesicht auftreten.

Das Problem liegt darin, dass vielen Betroffenen – zum Beispiel Bau- und Montagearbeiter oder in der Landwirtschaft Tätige – das Problem nicht bewusst ist. Oft handelt es sich um Männer, die traditionell schlechter für Gesundheitsanliegen anzusprechen sind. Dabei könnte entsprechende Kleidung und Sonnenschutz die Gefährdung beseitigen. (APA, 30.9.2016)