Brüssel – Knapp zehn Monate nach der Einigung in Paris rückt das Inkrafttreten des historischen Weltklimapakts in greifbare Nähe. Die Europäische Union einigte sich am Freitag auf eine Ratifizierung im Schnellverfahren – eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Abkommen ab Anfang November gilt. Umweltschützer reagierten auf die Brüsseler Beschlüsse verhalten positiv.

Umbau der Energieversorgung

Der erste weltweit verbindliche Klimavertrag soll die gefährliche Erderwärmung stoppen. Dafür sollen in den nächsten Jahrzehnten die Weltwirtschaft und die globale Energieversorgung umgebaut werden – weg von Kohle und Öl, hin zu erneuerbaren Quellen. Umweltminister Andrä Rupprechter (ÖVP) hat die Einigung begrüßt. "Wir können erhobenen Hauptes nach Marrakesch gehen", sagte Rupprechter in Brüssel. Hätte die EU ihre Vorreiterrolle beim Klimaschutz verloren, "wäre das schon eine internationale Blamage gewesen". In Marrakesch findet im November die erste Klimaschutzkonferenz der Vertragsparteien des Pariser Abkommens statt.

Ringen um Formulierungen

Allerdings hatten die EU-Minister noch stundenlang um Formulierungen des Ratifizierungsbeschlusses und einer gemeinsamen Erklärung gerungen. Bedenken gegen das Verfahren und mögliche Festlegungen hatte zuletzt noch Polen, wie es hieß. Zugeständnisse sollen aber keine gemacht worden sein. Der zuständige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete sagte, die EU mindere ihren Ehrgeiz beim Klimaschutz nicht.

Der Pakt tritt in Kraft, wenn 55 Staaten ihn ratifiziert haben und diese mindestens für 55 Prozent aller Klimagase weltweit stehen. Mit dem Beitritt der EU werden beide Bedingungen erfüllt. 30 Tage später tritt der Vertrag in Kraft.

Abstimmung am kommenden Dienstag

Nach dem Beschluss der Umweltminister kann das EU-Parlament am Dienstag über das Abkommen abstimmen. Eine breite Mehrheit gilt als sicher. Schon am Donnerstag oder Freitag könnte die Ratifizierung abgeschlossen sein und die EU wäre offiziell Vertragspartner.

Gleichwohl wirkt der Pakt erst ab 2020: Erst dann müssen die Partner die zugesagten Klimaschutzmaßnahmen verbindlich umsetzen. Die EU als Ganzes hat versprochen, bis 2030 mindestens 40 Prozent weniger Treibhausgase auszustoßen als 1990. Wie dies genau erbracht werden soll, ist aber noch nicht beschlossen.

Polen hatte nach Angaben von Diplomaten gewünscht, alle Beschlüsse zur Klima-, Energie- und Umweltpolitik in der EU künftig einstimmig zu fällen. Andere Länder waren dagegen. Nun soll nach Angaben des deutsche Umwelt-Staatssekretärs Jochen Flasbarth gelten: Der Europäische Rat soll der Lastenteilung beim Klimaschutz im Konsens zustimmen. Danach beschließen die Fachminister Einzelheiten wie bisher mit qualifizierter Mehrheit.

Frankreichs Ministerin Segolene Royal sagte, der EU-Beschluss sei kein Selbstläufer gewesen. Die Energiesysteme der Staaten seien sehr unterschiedlich und alle hätten Rückversicherungen gebraucht. Polen zum Beispiel gewinnt sehr viel Strom aus klimaschädlicher Kohle.

Polens Umweltminister lobte das Ergebnis, betonte aber zugleich: "Steinkohle muss mindestens noch einige Jahrzehnte lang Garant der polnischen Energiesicherheit bleiben." Dabei sollten aber alte Kohlekraftwerke durch neuere, sauberere Anlagen ersetzt werden. (APA, 30.9.2016)