Nach Drozdas Entscheidung im Fall Agnes Husslein werden vor der Korruptionsstaatsanwaltschaft nun auch Compliance-Vorwürfe gegen ihn selbst erhoben.

Foto: APA/Hans Punz

Wien – Wie der "Kurier" am Wochenende berichtet, ist bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eine Anzeige gegen Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) eingegangen. Das aus anonymer Quelle zugespielte sechsseitige Schreiben liste unter anderem mutmaßliche Compliance-Verstöße Drozdas in seiner Zeit als Burgtheater-Geschäftsführer und Generaldirektor der Vereinigten Bühnen Wien auf. Beigefügt sei ein "Antrag auf Einleitung von Ermittlungen" gegen Drozda und eine weitere Person "wegen des Verdachts auf Untreue, Bestechlichkeit, Subventionsbetrug".

Gegenüber dem "Kurier" bestätigte die Staatsanwaltschaft den Eingang der Anzeige über das anonyme Hinweisgebersystem, das prinzipiell jedem offen steht. Die Vorwürfe würden nun überprüft, ob es zu Ermittlungen kommen werde, sei "völlig offen".

Konkret geht es einerseits um Drozdas Zeit als kaufmännischer Geschäftsführer des Burgtheaters von 1999 bis 2008. Vorwürfe einer Mitschuld an Malversationen bestritt der Kulturminister bisher vehement. Drozdas Nachfolgerin Silvia Stantejsky soll ihn laut Berichten im Zuge der Ermittlungen zur Causa Burgtheater bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft belastet haben.

Einsatz von Mitarbeitern für private Zwecke?

In der Anzeige werden nun zusätzlich Compliance-Vorwürfe erhoben. Drozda habe "Handwerker- und Elektrikerarbeiten" in seinem Haus in Währing "mit Bundestheaterressourcen" durchführen lassen. Der Einsatz von Burgtheater-Personal sei "während der Dienstzeiten und unter Verwendung von Baumaterialien aus Bundestheaterbestand" erfolgt.

Als Generaldirektor der Vereinigten Bühnen (2008 – 2016) habe Drozda "vom Botenpersonal regelmäßig private Wege erledigen" lassen. Außerdem habe der "Fuhrparkverantwortliche" als Privatchauffeur für Drozda und diverse Familienmitglieder zu fungieren gehabt, "obwohl die internen Compliance-Richtlinien der Wien-Holding für deren Geschäftsführer ausdrücklich keine Chauffeure" vorsähen, zitiert der "Kurier" aus der Anzeige.

Anwalt vertraut auf Objektivität der Untersuchungsbehöre

Drozdas Anwalt kommentierte, es handle sich großteils "um bekannte Vorwürfe", die man in der Vergangenheit widerlegen habe können. Aber es sei gut, "dass diese Gerüchte jetzt bei einer legitimierten Untersuchungsbehörde sind. Wir vertrauen auf deren Objektivität."

Ob bei der Anzeige ein Zusammenhang mit der Causa Agnes Husslein besteht, ist unklar – dem "Kurier" sei das Schreiben jedoch mit den Worten "Quod licet Iovi, non licet bovi" (Was dem Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt) übermittelt worden.

Der Kulturminister hatte den Vertrag der Belvedere-Direktorin nach Bekanntwerden ähnlicher Compliance-Verstöße nicht mehr verlängert. Bei der Überprüfung der Vorwürfe im Auftrag des Kuratoriums waren eklatant hohe Kosten entstanden, über die sich Drozda öffentlich verärgert gezeigt hatte. Der Kuratoriumsvorsitzende trat zurück, die Kosten konnten nachverhandelt und von 130.000 auf 79.000 Euro reduziert werden. Die neue Belvedere-Spitze will Drozda im Oktober bekannt geben. (stew, 1.10.2016)