Wien – Die Wirtschaftskammer drängt auf eine Entschärfung der seit 2013 geltenden neuen Antikorruptionsregeln. Das geht aus einem Evaluierungsbericht von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) für den Nationalrat hervor. Für Unmut sorgen sowohl Bestimmungen gegen Auslandskorruption als auch gegen das "Anfüttern". Brandstetter ist mit der Reform dagegen zufrieden und verweist auf steigende Verurteilungen.

Die strengeren Antikorruptionsregeln waren Teil des Transparenzpakets 2012 und eine Reaktion sowohl auf aktuelle Korruptionsfälle (Stichwort: Telekom-Affäre) als auch auf internationale Kritik. Verschärft wurden damals unter anderem die Bestimmungen gegen das "Anfüttern" von Politikern und Beamten mit Gefälligkeiten, gegen Korruption in der Privatwirtschaft sowie gegen Auslandskorruption. Letztere kann nun auch von der heimischen Justiz verfolgt werden.

Mehr Verurteilungen

Einen Evaluierungsbericht über das neue Gesetz hat Brandstetter dem Nationalrat diese Woche zugestellt. Demnach haben sich die Reformen auch in entsprechenden Strafverfahren niedergeschlagen: So gab es nach den neuen Bestimmungen gegen Privatkorruption (Paragraf 309 Strafgesetzbuch) bisher drei Verurteilungen und vier Freisprüche, zum 1. Mai waren 14 Fälle bei der Staatsanwaltschaft anhängig. Im Bereich der öffentlichen Korruption stiegen die Verurteilungen sprunghaft: von sechs im Jahr 2012 auf 13, 127 und 51 in den Jahren danach. Hier hatte ein guter Teil des Anstiegs allerdings nichts mit dem neuen Gesetz zu tun, sondern mit dem Auffliegen eines Wiener Magistratsmitarbeiters, der unter der Hand Parkpickerl verkauft hatte.

Wirtschaftskammer will Änderungen

Für das Justizministerium haben sich die neuen Regeln bewährt. Während das Ministerium nur in Detailbereichen Anpassungsbedarf sieht, forderte die Wirtschaftskammer im Rahmen des "Koordinationsgremiums zur Korruptionsbekämpfung" mehrere Entschärfungen: Sie drängt dem Bericht zufolge unter anderem auf Straffreistellung von "facilitation fees" (in einigen Ländern übliche Zahlungen zur "Beschleunigung" von Amtswegen). Bei den Regeln gegen das "Anfüttern" von Beamten kritisiert die Wirtschaft eine schwer zu ziehende Trennlinie zwischen strafwürdigem und sozial adäquatem, unbedenklichem Verhalten.

Das Justizministerium lehnt Änderungen ab und verweist darauf, dass viele Verschärfungen als Reaktion auf internationale Kritik erfolgten. So habe man dank der Reform das Strafrechtsübereinkommen des Europarats gegen Korruption ohne Vorbehalte ratifizieren können. Und "facilitation payments" würden auch von der OECD als unerwünscht betrachtet. (APA, 2.10.2016)