Peter Feigl im Jahr 1978 bei den Staatsmeisterschaften auf dem WAC-Platz in Wien. Eleganz pur.

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Im Jahr 2016 hätte Peter Feigl gerne "15 Kilo weniger"

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Wien – Peter Feigl hat gelernt, nichts zu tun. Der 64-Jährige sitzt auf der Terrasse, schaut runter in den Garten, der fast ein Park ist. Die Villa in Wien-Hietzing hat er gekauft und abbezahlt, im Erdgeschoß wohnt einer seiner beiden Söhne. Ehefrau Ursula, eine Ärztin, gräbt im Garten um, das entspannt sie, entspannt ihn. "Ich lebe im Gegensatz zu früher ein ruhiges Leben. Es gelingt mir, sinnlos in die Luft zu schauen, ich habe die Leichtigkeit des Nichtstuns entdeckt. Ich bin zufrieden, es geht mir gut." Mit dem Tennisspielen ist es vorbei, die Knie sind in einem relativ erbärmlichen Zustand, wobei ganz gemein sind sie auch wieder nicht: "Ich spiele oft Golf, das klappt."

Denkt Feigl an seine Karriere zurück, "fällt mir nur das Positive ein. Das Negative verdrängt der Mensch. Eigentlich habe ich ein Leben geführt, das man sich nur wünschen kann." Theoretischen Enkelkindern würde er von seinen vier Turniersiegen erzählen, der erste Streich war sein größter, als Qualifikant gewann er 1978 in Cleveland, im Finale war Van Winitsky Zweiter.

Im Jahr darauf holte er die Titel in Linz und in Kairo, in Linz schlug er Hans Kary, in Kairo Carlos Kirmayr. 1980 stemmte er in Lagos den Pokal. Linz war ein spezielles Erlebnis, die Verwandtschaft schaute zu, Feigl ist Oberösterreicher. Es war ihm ein Bedürfnis, dem Vater zu zeigen, "dass der blöde Bua es geschafft hat". Der Papa, ein Unfallchirurg, applaudierte. "Er konnte stolz auf mich sein, ich war der Gott."

Fescher Kampl und schwarzes Schaf

Feigl wurde am 30. November 1951 in Steyr geboren. Ein gutbürgerlicher, sozialdemokratischer Haushalt, der ältere Bruder ein ziemlicher Streber, er sollte es zum Dozenten der Medizin schaffen. Peter war ein Rotzbua. Er spielte Tennis, zu einem gewissen Grad hat er funktioniert, das schwarze Schaf maturierte. In der Freizeit, die er sich nahm, war Party angesagt, die Clique war in Steyr und Umgebung berüchtigt. Peter, ein fescher Kampl, brach die Herzen einiger Frauen und Mädchen.

Der Vater hatte ein Tonband verschluckt, auf dem war "Aus dir wird nie was" zu hören. Feigl übersiedelte nach Wien, inskribierte Jus, die erste Staatsprüfung hat der Lebemann bestanden. Wahrscheinlich deshalb, "weil der Professor ein Tennisfan war und mich kannte. Er hatte Mitleid, ich keine Ahnung." Feigl setzte voll aufs Tennis. Er war ein Spieler wider die österreichische Tradition, praktizierte Aufschlag und Volley. Die anderen rannten stur die Grundlinie auf und ab. "Ich konnte von der Grundsubstanz nicht mithalten, suchte nach einfachen und bequemen Lösungen."

Dorfkaiser

Kary war das Liebkind der Nation, Tennis war im Aufwind, den Feigl mochte man nur bedingt. "Ich war das Gscheiterl." Er fuhr Porsche, man leistet sich ja sonst nichts. Feigl sollte für ungefähr vier Jahre der beste österreichische Spieler sein, in der Weltrangliste schaffte er es auf Platz 36, bei den Australian Open hat er den legendären Ken Rosewall geschlagen. In Wien besiegte er einmal Vitas Gerulaitis. "Klingt besser, als es war. Der war völlig zugedröhnt, wusste gar nicht, wo er war."

Feigl spielte 260.000 Dollar Preisgeld ein. "Peanuts im Vergleich zu heute." Mit Exhibitions erhöhte er die Summe deutlich. "In jedem Dorf habe ich einen Tennisplatz eröffnet. Da gab es 5000 oder 10.000 Schilling, viel Geld damals." Einen Killerinstinkt hat er nie entwickelt. "Auch wenn der Gegner noch so ein Trottel war, ich habe ihn nicht gehasst. Mir geht der Wettkampf überhaupt nicht ab, auch den Applaus vermisse ich nicht." Sein letztes Match hat er 1986 bei den Hallenmeisterschaften in Wattens bestritten. "Der Rücktritt war spontan, ich wollte mich nicht prügeln lassen." Damals tauchte ein gewisser Thomas Muster auf. Feigl hat ihn völlig falsch eingeschätzt. "Ich dachte, aus dem wird nie was."

Netzwerker

Feigl hatte sich während seiner Karriere ein Netzwerk aufgebaut. Zu seinen Freunden oder guten Bekannten zählen Franz Vranitzky und Hannes Androsch. Bei der CA wurde Mitte der Achtziger eine Kommunikationsabteilung aufgebaut, Feigl war die Idealbesetzung. Zudem fiel die Entscheidung, im Tennis als Sponsor tätig zu werden. Ein Fressen für den geselligen Feigl. Gemeinsam mit Leo Huemer machte er in Wien den Turnierdirektor, ab 2002 war er alleinverantwortlich.

Der 18. Oktober 2008 brachte eine Zäsur. Feigl wachte auf, redete Unsinn, erkannte seine Frau nicht mehr. Ein Schlaganfall wurde diagnostiziert, die rechte Körperhälfte war gelähmt. Feigl erholte sich relativ rasch, die Therapie ist bis heute nicht abgeschlossen. "Ein Warnschuss. So ein Erlebnis relativiert. Zu viel Stress, ich habe Raubbau betrieben. Ich muss jetzt nicht mehr hundert Leute am Tag anrufen. Und ich muss Menschen auch nicht mehr anlügen." Fürs nächste Stadthallenturnier hat er eine Einladung bekommen. Am 26. Oktober wird er Ehrengast sein. Dominic Thiem verheißt er eine große Zukunft. "Für den ist Tennis das Leben. Für mich war es nur ein Teil davon."

Peter Feigl sitzt auf der Terrasse, schaut in den Park. "Ich habe keine Wünsche." Sollte sich die gute Fee trotzdem nach Hietzing verfliegen, hätte er eine Bitte. "15 Kilo weniger. Aber dazu braucht man eigentlich keine Fee." (Christian Hackl, 3.10.2016)