Fotografen aus den Redaktionen waren bei dem Termin keine zugelassen.

Foto: Standard/Cremer

Dafür hat die SPÖ dieses Bild von Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler (links) und Kanzler Christian Kern zur Verfügung gestellt.

Foto: SPÖ

Wien – Bundeskanzler Christian Kern sitzt in seinem neuen Büro in der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße und hält Hof. Er wird dies künftig jeden Montag tun, sich mit Mitarbeitern der SPÖ zusammensetzen und reden. Diesen Montag empfing er Journalisten. Fotografen waren keine zugelassen, die Bilder stellt das Kanzleramt selbst zur Verfügung.

Es ist das Büro, in dem auch Bruno Kreisky residiert hatte, sein Foto hängt hinter Kerns Schreibtisch – zweiter Stock, das Eckzimmer. Kerns Vorgänger Werner Faymann hatte zuletzt darauf verzichtet, in der Parteizentrale auch physisch präsent zu sein, er war im Eingangsbereich nur "ausgeschildert", wie Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler erklärt, hatte aber kein eigenes Büro.

Parteichef will umbauen

Die Geschichte der Sozialdemokratie sei zuletzt nicht unbedingt ein Höhenflug gewesen, analysiert Kern, von einer Aufbruchstimmung sei nicht viel übriggeblieben. Das Vehikel müsse jetzt wieder restauriert werden, sagt Kern, "wir müssen uns wieder mehr trauen". Ein Umbauprozess sei notwendig, von einer Partei in Richtung Bewegung.

Die Sozialdemokratie müsse auch gewissen intellektuellen Ansprüchen genügen, sagt Kern, das kann man auch als Kritik an seinem Vorgänger Faymann auffassen, der die Partei in seiner Amtszeit deutlich verengt hatte. Jetzt sei wieder (einmal) Öffnung angesagt, eine Aufbauarbeit sei notwendig. Kern: "Die SPÖ muss wieder Kraft entwickeln und darf nicht nur Teil einer Regierung sein."

Urwahl des Vorsitzenden möglich

Dazu gehört auch eine Organisationsentwicklung, an der Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler bereits arbeitet, er baut die unter Faymann abgeschaffte Organisationsabteilung der Partei neu auf. Bei einem Parteitag im Mai soll das neue Parteiprogramm diskutiert werden, ein Kriterienkatalog für künftige Koalitionsbildungen verabschiedet werden und eine Organisationsreform aufgesetzt werden.

Kern wünscht sich einen deutlichen Öffnungsprozess, wie er sagt. Mehr Mitbestimmung für die Mitglieder ist notwendig, Kern kann sich eine Urwahl des Parteivorsitzenden vorstellen, das könnte auch für andere Repräsentanten der Partei gelten. "Viele sind wieder bereit, sich zu engagieren", sagt Kern, "wir müssen eine Plattform schaffen, damit sich die Leute auch einbringen können."

Blaha eine "gute Kandidatin"

Kern spricht auch das Karl-Renner-Institut an, die politische Akademie der SPÖ, deren Leitung ausgeschrieben wurde. Am Freitag endete die Bewerbungsfrist, Kern will auch hier eine Öffnung, "wir müssen raus aus unserem eigenen Saft". Es gebe einige sehr gute Kandidaten und Kandidatinnen, auch Barbara Blaha, die vor allem von vielen jüngeren Leuten in der SPÖ favorisiert wird, obwohl sie kein Parteimitglied mehr ist, sei eine sehr gute Kandidatin. Was noch nicht heißt, dass sie neue Direktorin des Renner-Instituts werde, was auch nicht heiße, dass sie sich überhaupt beworben hat, wirft schließlich Niedermühlbichler ein. Jedenfalls müsse die SPÖ mehr Leute aus ihrem Umfeld wieder näher an sich heranziehen. Das Renner-Institut soll jedenfalls nicht bloß eine Ausbildungsschiene für Parteimitglieder sein, sondern müsse eine Intellektuellenplattform werden, sagt Kern.

Notwendig sei auch eine neue Debattenkultur. Um die sei es in Österreich ganz schlecht bestellt. Auf seinen "Aufsatz" mit 24.000 Zeichen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sei die Antwort der ÖVP auf Twitter erfolgt – mit 140 Zeichen. Kern blickt vielsagend in die Runde der eingeladenen Journalisten. (Michael Völker, 3.10.2016)