Es war der letzte laue Spätsommerabend. Am vergangenen Samstag waren überall die Gastgärten knallvoll, in der Wiener Innenstadt waren ganze Trauben junger, gut aufgelegter Menschen unterwegs.

Vor den Museen standen die (jungen) Menschen Schlange. Die Lange Nacht der Museen – insgesamt etwa 360.000 Besucher – ist erstens eine sehr gute Idee und zweitens mit ihrem Erfolg ein Indiz dafür, dass in diesem Land Kultur, Hochkultur, doch einen beachtlichen Stellenwert hat.

Kurz gesagt: Über Wien schien sich eine überaus entspannte, zivilisierte, ja heitere Stimmung ausgebreitet zu haben. Man musste dabei an die entgeisterten Reaktionen amerikanischer, norwegischer, schwedischer, belgischer oder deutscher Journalistenkollegen denken, die in den letzten Wochen wegen "fast 50 Prozent für einen harten Rechten bei der Bundespräsidentenwahl" angereist waren: "Was wollt ihr eigentlich? Die Straßen sind sauber, die Gebäude frisch renoviert, selbst in den ärmeren Gegenden gibt es keine Slums, die Restaurants sind am helllichten Tag knallvoll – wieso haben die radikalen Rechten bei euch solche Erfolge?"

Ja, wieso? Wegen der "Asylanten", natürlich. Wegen der zerstrittenen Regierung. Und weil man Angst um den Sozialstaat hat, der bisher für eine gleichmäßige Einkommensverteilung sorgte. Das reicht? Das reicht offensichtlich. (Hans Rauscher, 3.10.2016)