Der saudische Außenminister bei einer Pressekonferenz: Die USA hätten am meisten zu verlieren.

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Kairo – Keine Nachrichtensendung, keine Zeitung in den arabischen Ländern, die sich übers Wochenende nicht intensiv mit Jasta beschäftigte. Jasta steht für Justice Against Sponsors of Terrorism Act, das Gesetz, das es Opfern der 9/11-Anschläge in den USA möglich macht, Saudi-Arabien zu verklagen. Monatelange Lobbyarbeit von Politikern verschiedenster Länder des Nahen Ostens in Washington hatte keinen Erfolg. Das Parlament überstimmte Präsident Obamas Veto. Damit wird Jasta Gesetz. 19 der 22 Attentäter waren Saudis.

Der saudische Außenminister Adel al-Jubeir hatte bereits im Juni gewarnt, die USA hätten am meisten zu verlieren. Im Raum stand die Drohung, Riad könnte Milliarden Dollar aus der amerikanischen Wirtschaft abziehen. Jubeir präzisierte, Saudi-Arabien habe nur davor gewarnt, dass das Vertrauen der Investoren sinken könnte. Saudische Investoren halten über 500 Milliarden Dollar an amerikanischem Vermögen, darunter fast hundert Milliarden Staatspapiere. Die Nachfrage nach Dollar ist in Riad nach der Überstimmung des Vetos sofort gesunken. Wirtschaftliche Konsequenzen sind nur eine von vielen möglichen Strafmaßnahmen.

Vorstellbar wären etwa die Reduktion offizieller Kontakte, weniger Anti-Terror-Zusammenarbeit, Restriktionen für die regionalen US-Militärstützpunkte und vieles mehr. Einig sind sich alle Analysten, dass die langjährige Allianz zwischen den USA und Saudi-Arabien, die nach dem Iran-Atom-Abkommen in den vergangenen Monaten schon eingetrübt war, weiteren Schaden nehmen wird. "Iran wird belohnt, Saudi-Arabien bestraft", lautete ein Kommentartitel.

Juristischer Krieg

Retorsionsmaßnahmen könnten auch auf juristischem Gebiet erfolgen, wie etwa die Illustration eines Artikels mit Folterbildern aus dem irakischen Gefängnis Abu Ghraib veranschaulichte. Im Irak bereiten Rechtsexperten Klagen gegen die USA für "Terrorakte" in ihrem Land vor. Ähnliche Schritte wären in Afghanistan, Libyen, Syrien und im Jemen vorstellbar. Jasta werde einen Feuersturm eines juristischen Krieges entfachen und die politischen Beziehungen unterminieren in einer Zeit, da der Anti-Terror-Kampf robuste Beziehungen verlange, hält der Strategieexperte Theodore Karasik fest. Prozesse in den USA könnten zu einem öffentlichen Gericht über den Islam und die Geschichte der Region werden. Davor fürchtet sich Riad mehr als vor den Urteilen.

Hinter den Kulissen ist das saudische Königshaus dabei, die Bande mit den regionalen Golfverbündeten noch enger zu knüpfen und Solidarität einzufordern. Unterstützung kam bereits aus Ankara, wo Präsident Erdogan das Gesetz "unglücklich" nannte, weil es gegen das Prinzip der individuellen Verantwortung verstoße. Ägypten erklärte, man verfolge die Konsequenzen des Gesetzes genau. Der Sprecher des Außenministeriums betonte, es müsse verhindert werden, dass lokale Gesetze anderen Staaten aufgedrängt werden.

Mit Mohammed Atta war auch ein Ägypter unter den Attentätern, und es ist unklar, ob auch Kairo unter dem neuen Gesetz angeklagt werden könnte. Seit in Riad König Salman im Frühjahr 2015 das Zepter übernommen hat, macht das Königreich in der Region zusammen mit den Golfverbündeten eine zunehmend eigenständige Politik. Dieser Trend könnte sich jetzt noch verstärken, sind sich lokale Analysten einig. (Astrid Frefel, 3.10.2016)