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Ausgerechnet Rosneft kommt nun als Käufer für Baschneft infrage.

Foto: Reuters/KARPUKHIN

Überraschender Sinneswandel in der russischen Regierung: Das Ministerkabinett hat den erst vor knapp zwei Monaten gestoppten Verkauf des Ölkonzerns Baschneft wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Als wichtigster Anwärter gilt nun ausgerechnet der staatliche Konzern Rosneft, den die Regierung bisher nicht als Käufer sehen wollte.

Laut der Tageszeitung Kommersant zieht die russische Führung derzeit zwei Varianten für die Privatisierung des staatlichen Baschneft-Pakets in Höhe von 50,08 Prozent der Aktien in Betracht: Im ersten Fall soll die den Verkauf unterstützende Investmentbank VTB Capital im Laufe einer Woche alle Bewerber befragen, wie viel sie bereit wären, für das Paket zu zahlen, woraufhin dann der Gewinner bekanntgegeben wird.

Wirft diese Praxis schon einige Fragen hinsichtlich der Transparenz auf, so verzichtet die Regierung im zweiten Fall gänzlich auf jeden Wettbewerb und verkauft Baschneft direkt an Rosneft für den Preis von 325 Milliarden Rubel (umgerechnet 4,6 Milliarden Euro). Diese Summe könne außer Rosneft ohnehin nur Lukoil, Russlands zweitgrößter Ölkonzern, bezahlen, doch das Unternehmen von Milliardär Wagit Alekperow sehe den Preis als zu hoch an, begründete ein Beamter die Planspiele der Regierung. Alle anderen Bewerber, darunter die Ölkonzerne Tatneft und Russneft sowie der in Europa durch seinen Einstieg bei den Wadan-Werften in Deutschland bekannte Investor Witali Jussufow, galten im Kreml nicht als ernsthafte Anwärter auf das begehrte Aktiv.

Setschin demonstriert Lobby

Die zweite Variante des Verkaufs gilt inzwischen als das wahrscheinlichere Szenario. Dabei hatten führende Vertreter der Regierung im Sommer noch offen gegen eine solche Entwicklung rebelliert. Sowohl der für den Energiesektor zuständige Vizepremier Arkadi Dworkowitsch als auch Wladimir Putins Wirtschaftsberater und Ex-Wirtschaftsminister Andrej Beloussow wandten sich gegen eine Aufnahme Rosnefts in den Kandidatenkreis für den Baschneft-Verkauf. Diese Art der "Privatisierung", wenn ein staatlicher Konzern von einem anderen gekauft werde, sei eine "Dummheit", sagte Belousow.

Doch der Einfluss von Rosneft-Präsident Igor Setschin war am Ende größer: Setschin, der den Synergieeffekt bei der Übernahme auf knapp 2,3 Milliarden Euro beziffert, bestand auf dem Kauf und fand ein offenes Ohr bei Putin. Der Verkauf an Rosneft sei zwar nicht optimal, aber für den Haushalt sei eben wichtig, wer das meiste Geld biete, sagte der Kremlchef. Setschin gilt als einer der engsten Vertrauten Putins und als Hintermann der Wiederverstaatlichung des Yukos-Konzerns, auf dessen Trümmern er Rosneft aufbaute und später als Chef übernahm.

Als Argument für den Baschneft-Kauf dürfte weniger die aktuelle Kaufsumme, bei der ja quasi nur Geld aus der linken in die rechte Tasche des Staats wandert, ausschlaggebend gewesen sein als vielmehr der Umstand, dass Rosneft seinen Marktwert steigert. Auch einen kleineren Anteil von Rosneft will die Regierung nämlich bis Jahresende versteigern. Als Rosneft-Minderheitsaktionär profitiert Setschin dabei mit. (André Ballin aus Moskau, 4.10.2016)