Yoshinori Ōsumi auf der großen Pressekonferenz nach Bekanntgabe des Nobelpreises.

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Als er noch ein Bub war, habe er schon davon geträumt, den Nobelpreis zu gewinnen. Das bekannte Yoshinori Ōsumi am Montag, kurz nachdem ihm der wichtigste Wissenschaftspreis der Welt zuerkannt worden war. Im Laufe seines Lebens, in dem er die meiste Zeit Hefezellen unter dem Mikroskop betrachtete, schien dieser Traum allerdings in immer weitere Ferne zu rücken.

Der heute 71-Jährige, der 1945 in Fukuoka geboren worden war, war schon von Kindheit an mit Naturwissenschaften vertraut: Sein Vater lehrte als Professor für Ingenieurwissenschaften an der Uni Kyushu. Da sich Yoshinori in der Mittelschule für Chemie interessiert hatte, inskribierte er dieses Fach an der Uni Tokio, wechselte aber bald: Die 1960er-Jahre waren ein erstes goldenes Zeitalter der Molekularbiologie.

Da dieser damals noch neue Forschungsbereich in Japan noch unterentwickelt war, übersiedelte Ōsumi nach der Dissertation 1974 nach New York, um an der Rockefeller University bei Gerald Edelman zu arbeiten, der zwei Jahre zuvor den Medizin-Nobelpreis erhalten hatte. Doch die Forschungsaufgaben, die dem jungen Postdoktoranden aus Japan zugeteilt wurden, erwiesen sich eineinhalb Jahre lang als Sackgasse.

Dann aber sattelte er von Mäuse- auf Hefezellen um, und Ōsumi hatte damit seinen Modellorganismus gefunden, an dem er nach seiner Rückkehr nach Japan 1979 weiterforschte. Erst mit 43 erhielt er dort auch sein erstes eigenes Labor. "Die meisten Probleme bis dahin hatte ich mir selbst gemacht", sagte Ōsumi in einem Interview 2012.

Dann suchte er sich ein Thema aus, bei dem er nicht viel Konkurrenz hatte: "Ich bin nicht sehr kompetitiv, weshalb ich ein neues Forschungsfeld wählte, das nicht so überlaufen war." Das waren damals die Abbauprozesse in der Zelle – natürlich am Beispiel der Bäckerhefe.

Seit 27 Jahren arbeitet Ōsumi mittlerweile über die Autophagie von Zellen, lange wenig beachtet. Doch dann wurde immer klarer, wie bedeutsam seine Entdeckungen für ein besseres Verständnis von Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Alzheimer sind. Ōsumi selbst hat freilich immer noch nicht das Gefühl, "alles verstanden zu haben". Seit zehn Jahren häuften sich dann die Preise für den Zellbiologen, und am Montag wurde ihm der Medizin-Nobelpreis zuerkannt. Laut Nobel-Sekretär Thomas Perlmann, der die Nachricht überbrachte, wirkte Ōsumi überrascht, seine erste Reaktion sei ein "Ach" gewesen. (Klaus Taschwer, 4.10.2016)