Michael Madl stellt sich in Fulham vor – mit einem Kopfballtreffer.

Fulham Football Club

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Der Saisonauftakt in der Championship verlief für den FC Fulham und Michael Madl (rechts) nach Wunsch: Fast 24.000 Zuseher kamen beim ersten Heimspiel, einem 1:0-Sieg über Newcastle, ins Stadion.

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Craven Cottage heißt die neue Heimat von Madl. Die Atmosphäre gefällt ihm, weil es sehr eng ist zwischen Spielfeld und Tribüne: "Man ist teilweise nur einen Meter von den Zusehern entfernt."

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Vor seinem Engagement in London trug Madl knapp vier Jahre das Trikot von Sturm Graz und führte die Mannschaft als Kapitän auf das Spielfeld.

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Wien/London – Die Backsteinfassade im Westen Londons ist ein romantischer Anblick. Sie gehört zum Craven Cottage, dem Stadion des FC Fulham. "Ich wohne ganz in der Nähe", sagt ÖFB-Legionär Michael Madl. Seit Jänner spielt der Österreicher als Innenverteidiger in der Championship, der zweithöchsten englischen Spielklasse.

Durchschnittlich pilgern rund 18.000 Fans zur Heimstätte der Londoner. Dort zu spielen sei "ein geiles Feeling, weil es sehr eng ist zwischen Spielfeld und Tribüne. Man ist teilweise nur einen Meter von den Zusehern entfernt." Organisierten Support gibt es keinen, dafür Szenenapplaus für gutes Tackling. "Stimmung machen in der Regel die Auswärtsfans."

Achterbahnfahren

Um in der harten und aggressiven Liga zu bestehen, musste Madl körperlich zulegen. "Wenn man nicht am Limit spielt oder sich nicht weiterentwickelt, hat man es schwer." Der ehemalige Kapitän von Sturm Graz hat sich offenbar flott weiterentwickelt, Madl war auf Anhieb Stammkraft. In seiner ersten Halbsaison auf der Insel erzielte er ein Tor und bereitete zwei vor, brachte es auf 13 Einsätze.

Weil die abgelaufene Spielzeit für Fulham dennoch enttäuschend verlief, baute Trainer Slavisa Jokanovic im Sommer kräftig um. "Wir haben beinahe die halbe Mannschaft ausgetauscht", sagt Madl. Ihn nicht, der 28-Jährige spielte fünf Runden en suite über 90 Minuten. Der Auftakt lief für Fulham nach Plan ab, nach fünf Runden rangierten die Whites auf dem zweiten Tabellenplatz. "In der Championship kann es allerdings schnell gehen", sagt Madl – auch bergab. Gegen Birmingham City setzte es Gelb-Rot, Madl verschuldete einen Elfmeter, und Fulham schlitterte in die erste Saisonniederlage. Seither sind die Londoner ohne Sieg, liegen nach elf Spielen auf dem 14. Rang.

"Wir spielen eigentlich gleich wie davor", sagt der Steirer. Gleich spielen heißt mit viel Ballbesitz, "so wollen wir Chancen von hinten heraus kreieren". Einer Statistik zufolge liegen Madl und vier seiner Teamkollegen in den Top Ten der besten Passspieler der Liga. Die Qualität im Kader stimme. "Aber teilweise ist es schwierig, Spiele zu gewinnen. Wenn man vorne in der Gefahrenzone nicht eiskalt ist und der Gegner tief drinnen steht." Im Gegensatz zum Saisonauftakt nütze sein Team nicht mehr die Chancen. "Und hinten haben wir ein, zwei Tore zu einfach bekommen."

Neue, starke Konkurrenz

Seit seiner Sperre sitzt Madl vorwiegend auf der Bank, der Konkurrenzkampf bei Fulham ist groß. Ende August kam der isländische Abwehrchef Ragnar Sigurdsson frisch zur Mannschaft. "Er ist spielerisch eine Bereicherung", weiß Madl, "und ein gemütlicher Typ." Der Abwehrriegel ist der neue Fixstarter in der Innenverteidigung. Madl stand zuletzt lediglich in einem Ligaspiel auf dem Feld, musste aber vorzeitig runter, die Wade zwickte. "Aber ich habe auch nicht gut gespielt." Er müsse nun im Training Gas geben und auf seine Chance warten. Und diese dann "eiskalt nützen".

Bei Fulham steht einmal pro Tag eine längere Trainingseinheit auf dem Plan, der Fokus liegt auf Regeneration. "Man muss jeden zweiten oder dritten Tag bereit sein, 90 Minuten zu gehen." Am Morgen gibt es Frühstück im Trainingszentrum, danach warten Videoanalysen und ein Abstecher in die Kraftkammer. Und ein gemeinsames Mittagessen.

Zum Trainingszentrum, das etwas außerhalb liegt, hat es Madl nicht weit. Von den klassischen Touristenzielen hat er noch nichts gesehen. "Ich bin keiner, der vor Big Ben oder London Eye steht und Fotos macht", sagt er, "eher bin ich in einem Bezirk unterwegs und trinke einen Kaffee." Oder er trifft sich mit den Legionärskollegen Sebastian Prödl und Konstantin Kerschbaumer zum Essen. "Es gibt etwa ein österreichisches Lokal, wo wir Schnitzel essen. Es ist schön, wenn du in ein neues Land kommst und sofort Freunde hast." Als Zuseher pilgert der 28-Jährige selten ins Stadion. Einmal hat er bislang Kevin Wimmer bei Tottenham Hotspur auf die Beine geschaut. "Ich bin manchmal froh, wenn ich auf der Couch liegen und vom Fußball abschalten kann."

Eine andere Dimension

In London gibt es nicht nur viele Fußballspiele, es ist einfach alles ein bisschen mehr. "Der Verein hat eine andere Dimension", zieht Madl einen Vergleich zu seinen bisherigen Stationen. Vor seinem Wechsel zu Sturm im Sommer 2012 kickte er zwei Saisonen in Wiener Neustadt, davor trug er das Trikot der Wiener Austria. Dort hat er das Fußballspielen in Akademie und Nachwuchs gelernt. In der Kampfmannschaft konnte er sich nicht etablieren, später bei Sturm dagegen schon. Seine Zeit in Graz war dennoch wenig von sportlichen Höhepunkten geprägt. Dass Sturm just nach seinem Abgang die heimische Tabelle anführt, gönnt er den Spielern: "Ich hoffe, sie stehen auch nach 36 Runden ganz oben – dann fliege ich extra zur Meisterfeier nach Graz." (Katharina Siuka, 6.10.2016)