Straßburg – Die Sozialdemokraten im EU-Parlament – nach den Konservativen die zweitstärkste Kraft – wollen die Amtszeit von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz bis Mitte 2019 verlängern. "Wir leben in sehr turbulenten Zeiten. Es macht Sinn, auf bewährte Lösungen zu setzen", sagte der sozialdemokratische Fraktionsvize Josef Weidenholzer am Dienstag in Straßburg.

Die Sozialdemokraten hätten an die anderen Fraktionen des Europaparlaments appelliert, eine weitere Amtszeit von Schulz für zweieinhalb Jahre zu unterstützen, sagte Weidenholzer. In der Europäischen Volkspartei (EVP) – der stärksten Kraft in der EU-Volksvertretung – sei aber der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen. Die EVP will Mitte Dezember über einen eigenen Kandidaten für das Amt des EU-Parlamentspräsidenten entscheiden.

Karas schloss eigene Bewerbung nicht aus

Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas schloss nicht aus, dass er sich bewirbt. "Mich haben mehrere Kollegen aus fünf Fraktionen angesprochen", sagte Karas. Es gebe aber noch keine Entscheidung darüber, wer in der EVP antrete. Karas deute aber an, dass die EVP einen Kandidaten aufstellen wolle, damit das bisher geltende Rotationsprinzip wieder zum Zuge komme.

Der deutsche Sozialdemokrat Schulz steht seit 2012 an der Spitze des Europaparlaments, seine Amtszeit wurde bereits einmal verlängert. Der EU-Parlamentspräsident muss Mitte Jänner gewählt werden.

Schulz habe das Europarlament viel sichtbarer gemacht und ins Licht gerückt als andere Parlamentspräsidenten, sagte die NEOS-Europaabgeordnete Angelika Mlinar. Intern habe er aber sehr machtpolitisch agiert. Es gebe bei der Postenbesetzung aber ein Gesamtpaket, das auch den EU-Ratspräsidenten Donald Tusk betreffe, dessen Amtszeit zu Jahresende ausläuft, sagte Mlinar. Wenn der Sozialdemokrat Schulz gehe, müsse wohl auch der Konservative Tusk gehen, weil ansonsten die EVP drei EU-Spitzenamter besetzen würde, so Mlinar.

"Ich bin weder für Schulz, noch für (den EVP-Fraktionsvorsitzenden Manfred, Anm.) Weber", sagte der freiheitliche Delegationsleiter Harald Vilimsky. Das Duo Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe das europäische System in eine Krise gestürzt. Ob seine rechtsgerichteten Fraktion "Europa der Nationen und der Freiheit" einen Kandidaten aufstellt, ließ Vilimsky offen. (APA, 4.10.2016)