Nach Monaten an immer exakter werdenden Leaks war es am Dienstagabend so weit: Im Rahmen eines Presseevents hat Google zwei neue Smartphones präsentiert. Mit dem in den Vordergrund gestellten Hinweis "Made by Google" hat das Unternehmen die Erwartungen weit nach oben geschraubt, DER STANDARD konnte bereits einen ersten Blick auf Pixel und Pixel XL werfen.

Disclaimer

Vorab aber noch einige klärende Worte, um keine falschen Erwartungen zu erzeugen: So ein Hands-On kann aufgrund der zeitlichen und räumlichen Beschränkungen nur einen begrenzten Blick auf die neue Hardware bieten. Aussagen zur Akkulaufzeit sind beispielsweise in so einem Rahmen schlicht unmöglich, auch die Kamera kann nur bedingt ausprobiert werden. Zudem erhebt der folgende Artikel nicht den Anspruch, noch einmal sämtliche Spezifikationen zu wiederholen, hierfür sei auf unseren Bericht zur Vorstellung der Geräte verwiesen. Stattdessen sollen die subjektiven Ersteindrücke im Vordergrund stehen, ein ausführlichen Test wird dann zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Pixel und Pixel XL traut vereint.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Design

Das Äußere der Pixel-Smartphones sorgte bereits in den letzten Wochen für durchaus gemischte Reaktionen. Manche meinen hier einen iPhone-Klon zu erkennen, andere wähnen mit dem Blick auf die Rückseite etwa zu viel Einfluss von Hardwarepartner HTC. Wie dem auch sei, eines ist klar: Originalitätspreise werden Pixel und Pixel XL für ihr Design eher nicht gewinnen, die Geräte wirken auf den ersten Blick ziemlich generisch. Wobei dies vor allem für die Vorderseite gilt, die Rückseite hat durch das Glaspanel, das das Aluminiumgehäuse durchbricht, einen gewissen Wiedererkennungswert. Dieses ist übrigens laut Google dazu gedacht, den Empfang zu verbessern – und wohl auch den Transfer via NFC oder Bluetooth.

Gewöhnungsbedürftig ist allerdings der doch recht groß ausgefallene Rahmen. Dies gilt insbesondere für die Fläche unterhalb des Bildschirms, da hier im Gegensatz zu anderen Smartphones bei den Pixels kein physischer Home-Button und auch kein Lautsprecher verbaut sind. Warum man sich zu diesem Design entschieden hat, verrät Google nicht. Die Vermutung liegt aber nahe, dass es sich dabei schlicht um das Streben nach Symmetrie handelt. Bleibt zu hoffen, dass der zusätzliche Platz wenigstens sinnvoll genutzt wurde, aber das muss erst ein Teardown zeigen.

Verarbeitung

Zumindest gibt es an der Verarbeitung nichts auszusetzen: Beide Smartphones liegen sehr gut in der Hand, und sind dabei jeweils ein Stück kleiner als ihre indirekten Vorgänger Nexus 5X und Nexus 6P. Auch die seitliche Abrundung des Gehäuses sowie die Verarbeitung der Knöpfe gefällt sehr gut

Es gibt auch eine weiße Variante der beiden Smartphones.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Eine sehr interessante Entscheidung hat man hingegen an anderer Stelle getroffen. Die Pixel-Smartphones sind nämlich nicht überall gleich dick: Während die Geräte an der Oberseite 8,6 Millimeter Tiefe haben, verjüngt sich das bis ans untere Ende des Smartphones auf 7,3 Millimeter. Auf diese Weise steht die Kamera nicht aus dem Gehäuse heraus, wie es bei vielen aktuellen Smartphones der Fall ist. Da man das Gerät ohnehin vor allem unten angreift, macht sich dieser Unterschied zudem kaum bemerkbar.

Display

Beim Bildschirm handelt es sich um einen AMOLED, es gibt also das von dieser Technologie gewohnte, perfekte Schwarz, was sich vor allem bei der entsprechend dunklen Variante der beiden Geräte sehr gut macht. Einen entscheidenden Unterschied zwischen Pixel und Pixel XL bildet die Auflösung, die einmal 1.080 x 1.920 und das andere Mal 1.440 x 2.560 Pixel beträgt. Die Pixeldichte (kein gezielter Wortwitz, Anm.) ist beim Pixel XL entsprechend höher, wer den Unterschied sehen will, muss aber schon sehr nahe an das Smartphone herangehen. Ansonsten gibt es an der Darstellung – soweit unter den schwierigen Lichtverhältnissen so einer Veranstaltung feststellbar – auf den ersten Blick absolut nichts auszusetzen.

Als Accessoire bietet Google individuelle Hüllen für seine Smartphones an.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die unterschiedliche Auflösung hat übrigens eine interessante Auswirkung: Eigentlich müsste das Pixel nämlich bei grafikintensiven Anwendungen flotter als das Pixel XL sein, da es weniger Bildpunkte bewegen muss, aber den gleichen Prozessor besitzt. Im kurzen Test machten jedenfalls beide Geräte einen äußerst flinken Eindruck.

Kamera

Mit Spannung war erwartet worden, was Google in Sachen Kamera zu bieten hat, und hier verkündet das Unternehmen stolz: Die Pixel-Phones sind die neue Nummer 1 im Kamera-Ranking von DxOMark. Nun sind solche Reihungen nicht ganz unumstritten, im Ersteindruck macht das Pixel (XL) aber tatsächlich einen sehr guten Eindruck. In den sehr schwierigen Lichtverhältnissen bei der Veranstaltung waren die Aufnahmen sehr detailreich, Farbabgleich und Helligkeit / Dynamik wirkte ebenfalls gut. Vor allem freut, dass die Kamera extrem schnell fokussiert und auslöst, etwas das bisher eine Schwäche von Googles Smartphones darstellte.

Generell entsteht der Eindruck, dass Google ganz gehörig an der Software gearbeitet hat, vor allem in Hinblick auf Speed und Processing. So ist etwa der HDR+-Modus nun um ein vielfaches schneller. Die Kamera-App ist hingegen im Vergleich zu anderen Herstellern weiterhin recht schlicht, immerhin ist ein manueller Weißabgleich hinzugekommen.

Die Kamera macht einen guten Ersteindruck.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Interessant ist zudem, dass Google weiterhin auf optische Bildstabilisierung verzichtet. Statt dessen nutzt man das Gyroskop um das Wackeln bei Videoaufnahmen elektronisch auszugleichen. In Demovideos sieht das alles schon sehr gut aus, und auch DxOMark ist von dieser Lösung angetan, vor Ort konnte dies aber nicht überprüft werden. Hier gilt es also weiter auf zusätzliche Tests zu warten.

Software

In Fragen Software wolle man künftig stärker die eigenen Vorstellungen durchsetzen, hatte Google-Chef Sundar Pichai im Frühjahr verlauten lassen. Was man damit meint, zeigt sich nun anhand der Pixel-Geräte: Der Google Assistant ist hier tief ins System verankert – und das fürs Erste übrigens exklusiv. Wann andere Geräte den Assistenten erhalten werden, ist noch unklar. Auch der neue Pixel Launcher wird zunächst – zumindest offiziell – nur auf den neuen Smartphones zu finden sein, und selbst für ältere Nexus-Geräte nicht angeboten werden.

Aufgerufen werden kann der Google Assistant über einen Langdruck auf den Home Button, danach reagiert er auf Spracheingaben – und zwar auch auf Deutsch. Parallel zum Pixel-Marktstart wird also auch die deutsche Sprachunterstützung für den Assistant gestartet. Google betont, dass diese natürlich noch nicht mit der englischen mithalten kann, im Test wirkte all dies aber schon sehr vielversprechend.

Der Google Assistant läuft auf den Pixel-Geräten erstmals auch auf Deutsch.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Interessant ist auch, was passiert, wenn der Assistant aufgerufen wird, während eine App im Vordergrund ist: So bezieht er den jeweils dort gerade laufenden Inhalt in den Vordergrund ein. So kann dann etwa zu einem laufenden Youtube-Video schnell gefragt werden, wann denn die betreffende Künstlerin in der eigenen Umgebung auftreten wird.

Nicht ganz verständlich ist allerdings, warum die einzelnen Assistant-Implementierungen voneinander weitgehend isoliert laufen. Was systemweit im Assistant gefragt wird, scheint laut Google nicht automatisch im Messenger Allo auf. Die Chance, hier ein durchgängiges Log zu haben, wird dadurch vertan. Dafür gibt es beim systemweiten Assistant Sprachausgabe, bei der Allo-Varianten – zumindest bisher – nicht. Trotzdem macht die Integration des Google Assistant auf den Pixel-Smartphones einen hervorragenden Eindruck, hier könnte Google einen seiner wichtigsten Trümpfe in der Hand haben.

Software

Apropos Allo: Dieses gehört ebenso zu den Neuzugängen in der Softwareausstattung der beiden Pixel-Geräte wie der simple Videochat-Client Duo. Jene App, die bisher für diese beiden Aufgaben zuständig war, Hangouts, ist hingegen nicht mehr vorinstalliert. Zumindest sagt dies Google so, bei den Testgeräten lief nämlich noch eine Pre-Release-Firmware, auf der all das noch nicht umgesetzt wurde.

Der neue Pixel Launcher samt der neuen Launcher Shortcuts, die es ermöglichen einzelne Funktionen der betreffenden Apps direkt aufzurufen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die Pixel-Phones laufen beide bereits mit Android 7.1, dem ersten Wartungs-Update für "Nougat". Dieses bringt neben zahlreichen Bugfixes auch wieder einige frische Features wie einen Night Mode und ein leicht modifiziertes System-Theme mit blauen Highlights. Der Pixel Launcher, der schon vorab geleakt wurde, ist hier natürlich ebenfalls mit dabei. Auch die Launcher Shortcuts – quasi das Pendant zu Apples Force Touch – sind auf den Pixel-Geräten nun aktiv, diese waren bereits in frühen Developer Previews von Android 7.0 erstmals zu sehen, und wurden dann wieder entfernt. Zusätzlich noch zwei Details für alle, die sich bei der inoffiziell erhältlichen Version des Pixel Launchers gewundert haben: Links dem zentralen Homescreen wird weiter die Google-Now-Ansicht sein, und der Kalender-Eintrag rechts oben ist jetzt mit dem Wetter kombiniert, und führt beim Klick darauf auf die Wettervorschau der Google-Suche.

Umfassende Hilfe

Besonders interessant ist aber die Support-Funktion: Diese ist quer durch das ganze System verfügbar und steht Pixel-Besitzern kostenlos zur Verfügung. Darüber können sich die User bei allfälligen Problemen Hilfe von Google holen, zumindest zu den richtigen Zeiten. In Deutschland verspricht man etwa zu Wochentagen Hilfe von 8 – 20 Uhr, am Wochenende zu eingeschränkten Zeiten. Dabei ist es auch möglich, den Bildschirm mit dem Support-Mitarbeiter zu teilen. Diese Funktion könnte übrigens einer der Gründe sein, dass die Pixel-Smartphones vorerst nur in ausgewählten Ländern zu haben sind, immerhin muss dafür auch die entsprechende Support-Infrastruktur aufgebaut werden.

Fazit

Auf den ersten Blick machen Pixel und Pixel XL einen hervorragenden Eindruck, Google hat bei der Hardwarezusammenstellung ganze Arbeit geleistet – wie es von einem High-End-Smartphone erwartet werden darf. Gleichzeitig ist natürlich die Frage, ob die Preispolitik aufgeht. Mit einem Preis von mindestens 759 Euro für das Pixel und 899 Euro für das Pixel XL begibt sich Google in die Sphären von Samsung und Apple. Insofern bleibt die spannendste Frage, ob die Android-Welt darauf einsteigt. Für österreichische Nutzer bleiben solche Überlegungen fürs Erste aber ohnehin theoretischer Natur. Wann Pixel und Pixel XL hierzulande erhältlich sein werden, ist derzeit noch unklar. (Andreas Proschofsky, 5.10.2016)