Brüssel/Kabul – Die EU hat die bisher unter Verschluss gehaltene Abschiebevereinbarung mit der afghanischen Regierung veröffentlicht. Aus dem am Dienstagabend online gestellten Dokument geht hervor, dass es die EU-Staaten künftig deutlich einfacher haben werden, abgelehnte Asylwerber aus Afghanistan in ihre Heimat zurückzuschicken.

Terminal für "Abschiebeflüge"

Die afghanische Regierung sagt dafür unter anderem die schnelle Ausstellung von Reisedokumenten zu. Auf dem Flughafen in Kabul soll zudem der Bau eines speziellen Terminals für "Abschiebeflüge" geprüft werden. Die EU verpflichtet sich im Gegenzug, sämtliche Reisekosten zu tragen und Reintegrationsprogramme zu finanzieren.

Das Dokument war am Wochenende unterzeichnet, aber von der EU zunächst als "nicht zur Veröffentlichung bestimmt" eingestuft worden. Menschenrechtler kritisieren Abschiebungen nach Afghanistan wegen der Sicherheitslage in dem Land als verantwortungslos und unmenschlich.

Mit der Unterzeichnung des Abkommens erfüllte Afghanistan nach Angaben von Diplomaten eine Voraussetzung für neuen Hilfszusagen der EU-Staaten. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini kündigte am Mittwoch an, dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten Afghanistan bis 2020 mit jährlich 1,2 Milliarden Euro unterstützen wollen. Sie betonte zugleich jedoch, dass die Finanzzusagen nicht im Zusammenhang mit dem Abkommen zur Abschiebung afghanischer Flüchtlinge aus Europa stehen. "Es gibt keine Verbindung zwischen beiden", erklärte Mogherini, es gebe auch "keine Spendermüdigkeit" gegenüber Afghanistan. Eine Verbesserung der Lage in Afghanistan sei für die EU der Schlüssel zu einer positiven Entwicklung der gesamten Region.

Vier Millionen aus Österreich für 2017

Österreich wird bei der Afghanistan-Geberkonferenz in Brüssel vier Millionen Euro für das Jahr 2017 zusagen. Da es sich um bilaterale Entwicklungshilfe handle, fließe das Geld über die Austrian Development Agency, hieß es am Dienstag im Außenministerium.

Deutschland hat zugleich die Voraussetzungen für weitere Hilfen formuliert. Man erwarte, dass die Regierung in Kabul die Menschenrechte beachte und die Korruption bekämpfte, sagte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch in Brüssel. Zudem müsse die afghanische Führung in Migrationsfragen kooperieren. Steinmeier bestätigte, dass Deutschland allein im kommenden Jahr etwa 400 Millionen Euro für den Wiederaufbau des krisengeschüttelten Afghanistan zur Verfügung stellen will. Zudem wird sich die Bundeswehr seinen Angaben zufolge weiter an der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte beteiligen.

Bei der zweitägigen Afghanistan-Konferenz in Brüssel geht es um die finanzielle Unterstützung des Landes durch die internationale Gemeinschaft in den kommenden vier Jahren. An dem Treffen nehmen Vertreter von 70 Ländern und 20 Organisationen teil. Erwartet werden Zusagen von etwa zwölf Milliarden Euro. (APA, 5.10.2016)