David Petermann von Wunderman PXP.

Foto: Wunderman PXP

Wien – David Petermann leitete die Kreativjury, die am Donnerstag beim WebAd Österreichs beste Onlinekampagnen prämierte. Per Mail beantwortet der Kreativchef der Agentur Wunderman PXP Fragen zum Status quo der österreichischen Digitalbranche.

STANDARD: Heuer wurden beim WebAd weniger Auszeichnungen vergeben. Kann das Niveau der Onlinewerbung mit der stetig steigenden Internetnutzung nicht Schritt halten?

Petermann: Die Gesamtzahl der Auszeichnung befindet sich im guten Durchschnitt der letzten Jahre. Hier hat sich nichts signifikant geändert. Allein die besten Auszeichnungen sind ein wenig seltener vergeben worden. Wenn das allgemeine Niveau der Arbeiten steigt, wird der Anspruch an Exzellenz eben noch größer. Das ist für mich eine klar positive Entwicklung.

STANDARD: Wie sehen Sie Onlinewerbung in Österreich im internationalen Vergleich aufgestellt?

Petermann: Wir haben hier um nichts schlechtere Kreative. Auch das tatsächliche Know-how im Umgang mit den digitalen Medien hat sich in den letzten Jahren sprunghaft verbessert. Im internationalen Vergleich hinken vor allem die Budgets hinterher – es ist immer wieder erstaunlich, wie hartnäckig sich Digitalmythen wie "Viral ist gratis" und Ähnliches bei uns halten.

STANDARD: Wie sehen Sie Idee und Handwerk im Verhältnis zueinander aufgestellt bzw. gibt es in einem der zwei Bereiche Defizite?

Petermann: Gerade dieses Jahr war eines überdeutlich: Hohe Qualität in der Umsetzung kann mittlerweile als selbstverständlich betrachtet werden. Hier sind die Unterschiede nicht mehr sehr groß. Das ist einerseits erfreulich, macht es andererseits aber auch notwendig, noch spezifischere Kriterien anzulegen. Gute, kreative Arbeit baut auf gutem Handwerk und einem tiefen Verständnis der Materie auf – insofern haben wir jetzt die besten Voraussetzungen, das Niveau zukünftig weiter anzuheben.

STANDARD: Welche Trends gibt es?

Petermann: Content – egal, ob branded oder nicht – ist auch bei uns in der Jury ein ständiges (Reiz-)Thema gewesen. Natürlich gibt es alle paar Wochen wieder neue Touchpoints und Kanäle aufgrund der rasanten Tech-Entwicklung (z. B. Internet of Things, Wearables etc.), die dann entsprechend bespielt werden müssen. Weg von der Zweit- und Drittagentur ist aber der eigentliche Megatrend hierzulande. Auch die Einreichungen haben gezeigt: Es gibt immer mehr Agenturen, die wirklich das gesamte Kommunikationsportfolio nicht nur anbieten, sondern auch wirklich kompetent erfüllen können. Das ist tatsächlich eine neue Entwicklung.

STANDARD: Was fehlt? Scheitert es oft noch an der Akzeptanz bei Kunden, um mehr Geld in kreative Ideen zu pumpen?

Petermann: Es geht in erster Linie ja gar nicht um kreative Ideen, die allzu oft als geniale Ausreißer von Werbesoziopathen dargestellt werden, für die der Auftraggeber ganz viel Mut braucht. Es geht einfach nur um das grundsätzliche Verständnis, dass in einer unglaublich ausdifferenzierten Kommunikationswelt vor allem Relevanz zählt. Und Relevanz schafft man ausschließlich über starke Kreation, die auf einer eindeutigen Faktenlage aufbauen kann. So einfach das klingt – in der Praxis lassen sich Kunden und ihr Budget leider immer wieder von anderen kurzfristigen Ablenkungen leiten.

STANDARD: Welche Antwort hat die Onlinewerbebranche auf den Vormarsch von Adblockern?

Petermann: In der vorigen Frage habe ich es schon angedeutet. Relevanz muss das Ziel in der Kommunikation sein. Junge Menschen verlassen heute Instagram, weil sie zu viel Influencer-Crap ausgesetzt sind, den sie nicht mehr sehen und lesen wollen. Die Werbung muss als eigene Kommunikationsform interessant sein können. Dann darf sie sich ruhig als Werbung deklarieren. (Oliver Mark, 7.10.2016)