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Feuerfestmaterial kommt überall dort zum Einsatz, wo mehr als 1000 Grad Hitze auszuhalten sind – wie im Voestalpine-Werk in Donawitz.

Foto: REUTERS/Heinz-Peter Bader

Wien / São Paulo – Die Musik spielt bei Stahl schon seit längerem in China; bei feuerfesten, hitzeresistenten Materialien zum Auskleiden etwa von Schmelzwannen hat das Konzert erst begonnen. Wenn der Weltmarktführer RHI grünes Licht von den Wettbewerbsbehörden bekommt und sich die Nummer drei am Markt, Magnesita aus Brasilien, einverleiben darf, ist das auch gegen China gerichtet.

Bis es so weit ist, wird es noch dauern. Wolfgang Ruttenstorfer, der früher die Geschicke der OMV geleitet hat, stellvertretender Aufsichtsratschef der RHI ist und im Sommer interimistisch für drei Monate als RHI-Vorstandschef verpflichtet wurde, rechnet mit einem Abschluss der Transaktion bis zum Ende des ersten Quartals 2018.

Mittwochabend sei der Kaufvertrag unterschrieben worden, gab Ruttenstorfer Donnerstagvormittag in einer Telefonkonferenz bekannt. RHI will einen kontrollierenden Anteil von mindestens 46 Prozent, maximal 50 Prozent plus eine Aktie von Magnesita erwerben. Dafür überweist RHI 118 Mio. Euro. Zusätzlich erhalten die beherrschenden Aktionäre von Magnesita – GP Investments und Rhône Capital Fund – noch 4,6 Mio. neu auszugebender Aktien.

Nach dem Closing will RHI den verbleibenden Magnesita-Aktionären ein Pflichtangebot unterbreiten, wofür weitere 244,6 Millionen Euro sowie 5,4 Millionen neuer Aktien reserviert sind. In Summe könnte die Transaktion RHI 450 Millionen Euro kosten.

Kurz nach Bekanntwerden des geplanten Deals gab der Aktienkurs von RHI um knapp zehn Prozent nach. Analysten führten den Kurssturz unter anderem darauf zurück, dass nun eine längere Phase der Unsicherheit bestehe, zumal die Hauptversammlungen beider Unternehmen sowie die Wettbewerbshüter die Fusion erst bewilligen müssen.

Vonseiten der Kartellbehörden erwartet Ruttenstorfer keine allzu großen Probleme. RHI wie Magnesita ergänzten sich stark. Zudem sei der Markt für feuerfeste Materialien ein globaler und sehr fragmentiert. RHI und Magnesita zusammen kommen laut Ruttenstorfer – in Tonnen gerechnet – über einen einstelligen Prozentsatz beim Marktanteil nicht hinaus.

Verlust für Wiener Börse

Drittens sei auch die erstarkende Feuerfestkonkurrenz in China zu bedenken, die für zunehmend stärkeren Wettbewerb in Europa und auf dem amerikanischen Kontinent sorgte. Ein Hersteller aus China werde über kurz oder lang die Weltmarktführung übernehmen. "Dafür wollen wir gerüstet sein", sagte Ruttenstorfer.

Erste Versuche, RHI und Magnesita zusammenzubringen, gab es bereits Ende der 1990er-Jahre. Das allgemeine Marktumfeld mit einer Stahlindustrie, die in einer schwierigen Situation stecke und den Druck mehr und mehr an Zulieferer weitergebe, habe die Fusion nun zweifellos begünstigt. Die Kernaktionäre bei Magnesita hätten nun "ein Zeitfenster" gesehen, den Deal durchzuziehen. Sie bleiben an der neuen Gesellschaft RHI Magnesita mit neun Prozent beteiligt. Winterstein und die Martin Schlaff Privatstiftung halten künftig 32 Prozent, der Streubesitz beläuft sich auf 42 Prozent.

Bedingung von Magnesita für den Deal sei gewesen, dass eine Holding mit Sitz in den Niederlanden gegründet wird, die dann an der Börse in London notieren soll. "Dazu haben alle Investmentbanken geraten", sagte Ruttenstorfer. Gesteuert werden soll der Konzern wie bisher von Österreich aus. Und Steuern zahlen werde man auch in Österreich und nicht in den Niederlanden. Auswirkungen auf Arbeitsplätze in Österreich sieht Ruttenstorfer "aus heutiger Sicht nicht". Die Wiener Börse wird um ein Papier ärmer. (stro, 7.10.2016)