In der Mariahilfer Straße werden im Oktober etwa der Modediskonter TK Maxx, die H&M-Tochter Monki sowie ein Eurospar eröffnet.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Es tut sich was auf der Mariahilfer Straße. Und zwar mehr als vor dem Umbau in zwei Begegnungszonen und eine Fußgängerzone. Das räumt mittlerweile auch die Wiener Wirtschaftskammer (WKW) ein, die sich deutlich gegen das 25-Millionen-Euro-Prestigeprojekt der Grünen ausgesprochen hatte. "Es ist zwar grundsätzlich ein Anstieg an Passanten zu verzeichnen, was aber nicht notwendigerweise auch eine Umsatzsteigerung impliziert", heißt es von der WKW zum STANDARD. Die Umgestaltung ist Ende Juli 2015 abgeschlossen worden.

Noch vor zwei Monaten klang das anders: Da sprach Kammerpräsident Walter Ruck von einer "Ernüchterung und Enttäuschung seitens der Betriebe". So habe eine Passantenzählung – jährlich im Oktober durchgeführt – in vier von fünf Zählbereichen einen teilweise deutlichen Rückgang an Passanten zwischen 2012 und 2015 gezeigt. Ruck zog ein "bitteres Fazit".

Wandel in rasantem Tempo

Sicher ist, dass die 1,8 Kilometer lange Einkaufsstraße mitten in einer großflächigen Transformation steckt: Statt lokaler Klein- und Mittelbetriebe nisten sich vorwiegend internationale Ketten in rasantem Tempo ein. Als Pars pro Toto für diese Entwicklung steht das einstige Generali-Center: 26 kleine Shops mit Spezialangeboten beherbergte das Einkaufszentrum in der Mariahilfer Straße 77 bis Ende des Jahres. Darunter befanden sich ein Drachengeschäft (Fly High), der Kitschladen Funkart, das Café Certo, der Modeladen Abbey Road, der Ethno-Shop Pink Buddha und das Schuhgeschäft Sektion 8.

Nach dem Totalumbau und der Umbenennung in "Mahü 77" gibt es künftig nur noch drei riesige Geschäfte: Die polnische Schuhkette CCC wurde vor kurzem eröffnet, ein Eurospar folgt am 13. Oktober. Der Modediskonter TK Maxx (der Mutterkonzern stammt aus den USA) eröffnet am 20. Oktober einen Flagship-Store.

Interessant ist, dass seit dem Umbau einige Modeketten aus dem europäischen Norden auf die Mariahilfer Straße drängen: Die H&M-Tochter Weekday ist schon dort, die H&M-Tochter Monki folgt am 20. Oktober, beide Shops sind die ersten in Österreich. Dazu kommt Bik Bok aus Norwegen.

Die spanische Modekette Pull & Bear gibt es seit Juli auf der Einkaufsstraße, die – wegen kleiner Konfektionsgrößen umstrittene – Teenie-Marke Brandy Melville ist seit Ende 2013 mit der ersten Filiale in Österreich zugegen.

La Stafa wird zu Stafa Tower

Im einstigen Kaufhaus La Stafa, das 2015 komplett saniert wurde, haben sich die Hotelkette Ruby und die Fashionmarke Terranova eingerichtet – neben Betten Reiter und Billa. Zuvor wurde das Gebäude seit 1998 auch als Einkaufszentrum genützt, mit bis zu 30 verschiedenen Mietern.

Lokales Ausweichen in Seitengassen

Lokale Klein- und Mittelbetriebe im Handel finden sich hingegen vermehrt nur noch in Seitenstraßen: Abbey Road oder Pink Buddha haben etwa nach ihrem Auszug aus dem Generali-Center Ausweichquartiere in der Ziegler- und der Lindengasse gefunden.

In der Gastronomie sieht die Entwicklung anders aus: Lokale mit Klein- und Kleinstflächen, hinter denen oft Gastronomen mit mehreren Betrieben in Wien stehen, haben Gefallen an der Mahü gefunden. Jüngste Beispiele: das Minilokal Gretel, Freiraum Deli oder Le Burger. Ein kleiner Pop-up-Store wurde im September von Dr. Oetker genutzt, bis Dezember bietet hier die Firma Manner Süßes an.

Zahlungskräftiges Publikum bleibt aus

Laut WKW ist eine Veränderung des Käufer- und Konsumentenverhaltens "weg von hochpreisiger Ware" zu verzeichnen. "Viele Händler stellen ihr Sortiment um, da zahlungskräftiges Publikum ausbleibt", sagt Referatsleiter Erich Plessberger von der Sparte Handel. Für Thomas Blimlinger, den grünen Bezirksvorsteher in Neubau, ist das "kein Spezifikum der Mariahilfer Straße". Der Onlinehandel würde jährlich zweistellige Zuwachsraten erreichen.

Die Nutzung des öffentlichen Raums sei mit dem Umbau durch Musik, Verkaufsstände, Kundgebungen oder Veranstaltungen gestiegen – was naturgemäß Lärm verursacht und Anrainer aufrege. Dieser werde durch die starke Reduzierung des Autoverkehrs aber anders wahrgenommen. (David Krutzler, 7.10.2016)