Wien – Von einem dachsartigen Wesen berichtet Franz Kafkas nur unvollständig überlieferte Erzählung Der Bau. Man darf sich deren Plot, wie immer bei Kafka, nicht allzu beschaulich vorstellen: In seiner ird'nen Trutzburg hortet es seine Vorräte und verteidigt sich gegen die Welt außerhalb. Die Angst vor einem Eindringling bringt es um den Verstand, die potenziell überall lauernde Bedrohung um den "süßen Schlaf des erreichten Zieles des Hausbesitzes", den es dem eigenen Körper blutig abgerungen hat.

Im Burgtheater-Vestibül gibt Maximilian Simonischek dem unablässigen Selbstgespräch diesen Körper. Mit Klauenhänden und stechend stierendem Blick führt er in das Labyrinth seines Baus ein, wägt als Logistiker des Überlebens dessen Leistungen und Schwächen ab. Bis er sich einbildet, ein fremdes Geräusch zu vernehmen.

Nach enttäuschenden Begegnungen mit Regisseuren hat Simonischek das einstündige Solo voriges Jahr in Eigenregie erarbeitet. An die Burg bringt er es im Zuge seines Spiels in Pension Schöller (ab 22. 10.) mit. Als effektvoll simple Requisiten (Bühne: Besim Morina) dienen ihm vor einer Holzwand ein Erdhaufen und eine nackte Glühlampe. In Ersterem wühlt er, mit Letzterer leuchtet er unsichtbare Feinde aus und wirft dabei selbst bedrohliche Schatten. Das ist optisch bestechend klug gemacht.

Kafkas Text hat Simonischek auf rund die Hälfte gekürzt. Manchmal hantelt er sich bis ans Ende des Atems durch die Sätze. Sie sind ein paranoides Psychogramm. Zuweilen, scheint's aber, lässt ihn mehr der Wille zur Darstellung so hasten als der Wahn selbst, der hinter den Worten steht. Dann hätte man dem Monolog ein paar Pausen gegönnt.

"Aus dem Innern des Baus heraus jemandem außerhalb zu vertrauen, ich glaube, das ist unmöglich", lautet einer der Schlüsselsätze. Sehr respektabel stupst Simonischek als Spitzschnäuziger aus seinem Erdloch heraus an solche Hellsicht. Frei von politischen Parolen ist Der Bau als Parabel aktuell gültig wie nur je. (Michael Wurmitzer, 6.10.2016)