Außenminister Sebastian Kurz spricht mit seinem libyschen Amtskollegen Mohammed Taher Siala.

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Wien – Es war der Versuch, Einigkeit zu demonstrieren: Bei der gemeinsamen Pressekonferenz in Wien von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), seinem libyschen Amtskollegen Mohammed Taher Siala und dem UN-Sondergesandten Martin Kobler war viel von Kooperation aller Beteiligten die Rede. "Beim Thema Migration müssen wir alle an einem Strang ziehen, denn wir sind alle in einem Boot", sagte Kurz am Donnerstag gleich zu Beginn.

Libyen liege "vor Europas Haustür" und dürfe nicht im Chaos versinken, so Kurz weiter. "Das haben sich die Menschen in Libyen verdient, ist aber auch zu unserem eigenen Vorteil." Auch Libyens Außenminister Siala betonte, dass man dem "Phänomen der illegalen Migration" nur durch gemeinsame Lösungsansätze und Abkommen begegnen könne. Vor allem müsse man die Bedingungen in den afrikanischen Herkunftsländern der Flüchtlinge verbessern sowie bei Rückübernahmeabkommen mehr Druck ausüben.

Von wesentlicher Bedeutung ist Kurz zufolge, was mit den Menschen nach der Rettung im Mittelmeer geschehe. Sei diese "mit einem Ticket nach Mitteleuropa" verbunden, würde es nicht gelingen den Zustrom zu reduzieren, sagte Kurz erneut und sprach auch wieder Australien als Beispiel an.

Debatte um Rückschiebungen

Zuletzt waren aber auch Forderungen laut geworden, ähnliche Flüchtlingsdeals wie jenen mit der Türkei auch mit nordafrikanischen Staaten abzuschließen. Über das Mittelmeer in Europa ankommende Menschen sollten zurückgeschickt und ihre Asylanträge in Nordafrika bearbeitet werden, schlug etwa Ungarns Premier Viktor Orbán vor.

Libyens Außenminister Siala konnte der Idee allerdings nichts abgewinnen. Der Vorschlag sei "weit entfernt von der Situation vor Ort". Libyen sei lediglich ein Transitland, die EU würde durch die Rückschiebung "Verantwortung verweigern und diese stattdessen auf unsere Schultern laden", kritisierte Siala. Libyen werde weiterhin nur jene ausländischen Flüchtlinge aufnehmen, die libysche Visa vorweisen können.

Die Migration sei "in der Tat ein Problem", fügte UN-Sondergesandter Kobler hinzu, es sei "verständlich, dass es ein Ende haben muss". Zugleich bat er um Geduld für die von der Uno unterstützte "Regierung der nationalen Einheit", die weiterhin nur Kontrolle über einen Teil des Landes hat. "Wir haben seit 42 Jahren ein Vakuum in Libyen, was die politischen Institutionen angeht, das lässt sich nicht an einem Tag lösen", so Kobler. Derzeit müsse man Libyen vor allem beim Aufbau einheitlicher Sicherheitsstrukturen unterstützen.

Rolle der Jugend

Italiens Außenstaatssekretär Vincenzo Amendola hatte bereits zuvor bei der OSZE-Konferenz in Wien zum Thema Jugend, Radikalisierung und Migration im Mittelmeerraum erklärt, dass vor allem junge Menschen vor "einer Realität fliehen, die ein Verlust für sie ist". Deshalb müssten "die Bedürfnisse der Jugend ganz oben auf unserer Agenda stehen".

Junge Menschen seien "nicht nur die Zukunft, sie sind die Gegenwart," sagte auch UN-Sondergesandter Kobler. Sie müssten eine wesentlich größere Rolle beim Neuaufbau des Bürgerkriegslandes spielen. (Noura Maan, 6.10.2016)