Wien – Am Montag hat der japanische Zellforscher Yoshinori Ohsumi für seine Arbeiten zur Phagozytose ("Selbstverdauung") nicht mehr benötigter Proteine und Organellen in Zellen den Medizin-Nobelpreis zuerkannt bekommen. In einer Studie in "Nature" veröffentlichen jetzt Wissenschafter des Instituts für Molekulare Pathologie (IMP) die Entdeckung eines ähnlichen Mechanismus in Bakterien.

Debora Broch Trentini aus der Arbeitsgruppe von Tim Clausen des Wiener Instituts und die Co-Autoren identifizierten das Anhängen von Phosphor-Gruppen an Arginin-Aminosäurebestandteilen von Proteinen als jenes "Fähnchen", mit dem Eiweiße in einer Vielzahl von Bakterien (Gram-positive Bakterien; z.B. Bacillus subtilis oder Staphylokokkus aureus) für den Abbau markiert werden. Dann greift die Schredder-Protease ClpCP ein und baut sie ab.

So funktioniert es

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass in Zellen das Markieren von Proteinen mit Ubiquitin-Markern jener Schritt ist, der für ihren Abbau in Enzym-gefüllten Bläschen (Lysosome) die Voraussetzung ist. Bei Bakterien war dieser Mechanismus aber nur bei wenigen Arten zu identifizieren. Es war unklar, ob es einen analogen anderen Prozess der Keime gibt, der zum gezielten Abbau bestimmter Proteine führt.

Tim Clausen und sein Team stießen bei ihren Arbeiten auf das Protein McsB, das andere Eiweiße an deren Arginin-Aminosäure-Positionen phosphorylieren kann. Darunter versteht man das Anhängen von Phosphorgruppen. "Ich wusste dass wir auf der richtigen Spur sind, als Phospho-Arginin eine starke Bindungstendenz für ClpCP zeigte. Diese Protease schnappt sich dann diese für den Abbau markierten Proteine und zerlegt sie in ihre Bestandteile. Das dient in Zellen einerseits zur Beseitigung von Abfall und defekten Strukturen, andererseits dem Recycling wichtiger Bausteine.

Der neu identifizierte Mechanismus ist in vielen Gram-negativen Bakterien (Gram-negativ, Gram-positiv – Einteilung nach einer bestimmten Färbemethode) vorhanden. Der Grad, zu welchem manche von ihnen krank machen können, dürfte offenbar auch von der Aktivität von McsB und/oder ClpCP abhängen. Bei der Infektion von Organismen geraden die Keime unter Stress und müssen dann vermehrt schadhaft gewordene Proteine abbauen. Deshalb könnte man auch daran denken, eine Blockade dieser Mechanismen als antibakterielles Wirkstoffprinzip zu entwickeln. (red, 9. 10. 2016)