Mineralwasser und Kombucha brachten Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz kein Glück. Jetzt will er es mit Bier probieren. Im kleinen, feinen Stil, wie es in der Branche heißt, die mit keiner neuen Brau Union rechnet.

APA / Barbara Gindl

Wien – Das Schloss bröckelt leise vor sich hin. Seit 466 Jahren markiert es den Pölshals, einen Südhang des obersteirischen Murtals. 300 Meter unter ihm entspringt eine Heilquelle, die schon die alten Römer Überlieferungen zufolge zu nutzen wussten. Geht es freilich nach Dietrich Mateschitz, soll unter dem Dach der historischen Gemäuer schon bald Bier sprudeln.

Der Red-Bull-Chef macht Ernst mit seinen Plänen, ins Brauereigeschäft einzusteigen. Acht Jahre ist er her, seit er die Quelle bei Pöls mitsamt des Schlosses Thalheim, das zuvor von einer Armenstiftung verwaltet wurde, übernahm. Dann passierte lang einmal nichts. Andere steirische Projekte hatten Vorrang, wie etwa die Sanierung weiterer naher Schlösser, der Kauf großer Eigenjagden und der Aufbau eines Trakehner-Gestüts.

Nun kommt Schwung in die Sache. Die nötigen Unterlagen rund um die baurechtliche Einreichung sind fertig und die Hausaufgaben betreffend der Raumordnung gemacht, erfuhr DER STANDARD. 2017 soll es losgehen. Das alte Schlössl werde saniert, darin eine Schaubrauerei samt Abfüllhalle errichtet und um einen Gastronomiebetrieb ergänzt, wissen Konzernkenner. Ziel sei, mit einem hauseigenen Bier auf Basis der geschichtsträchtigen Wasserquelle die Red-Bull-Betriebe zu versorgen. Diese gibt es in der Obersteiermark rund um Spielberg in Gestalt von noblen Hotels, Restaurants und Hofläden mittlerweile reichlich.

Hoffen auf Kooperationen

Ob Mateschitz den Gerstensaft im Stile seines Energydrinks großangelegt exportieren wird, ist offen. Die Brauereibranche bezweifelt es jedenfalls. Sie erwartet ein regionales Spezialbier und rechnet sich vereinzelt auch Chancen für eine Zusammenarbeit aus.

Red Bull selbst lässt auf Anfrage wissen, sich dazu medial nicht äußern zu wollen: Man kommentiere Investitionen generell nicht. Auch das Gemeindeamt Pöls hält sich ans Schweigeabkommen des Konzernriesen.

Großer bisheriger Lieferant für Red Bull in der Steiermark ist Murauer Bier. Sorge, durch die neue finanzstarke Konkurrenz ums Eck ernsten Schaden zu erleiden, hat Josef Rieberer nicht. Der Brauerei-Geschäftsführer ist voll des Lobes für das geplante Bierengagement des gebürtigen Mürztalers Mateschitz. "Neue Marken aus der Region tun der gesamten Branche gut." Red Bull werde Murauer Bier wohl nicht vor seine Tore stoßen, "wir könnten uns auch gut Kooperationen vorstellen".

Egger-Chef Bernhard Prosser ist überzeugt, dass Mateschitz einen Masterplan für den Sprung in den Biermarkt hat. Dass in Thalheim eine neue Brau Union entsteht, sei jedoch äußerst unrealistisch. Egger selbst ist in Österreich größter Dosenbierproduzent. "Ein Bier in schlanken Dosen ist für den Export sexy, aber nichts Neues."

Zahl der Brauer wächst

Nahe Pöls, wo die Steiermark an Kärnten grenzt, braut Hirt sein Bier. Auch Klaus Möller, Chef des Familienbetriebs, traut Red Bull in Sachen Gerstensaft viel zu. "Mit Akribie, Liebe und großem Kapital lässt sich einiges aufstellen."

Einig sind sich die drei, dass der Markt zwar hartem Verdrängungskampf unterliege, bei Spezialitäten aber noch Platz für Neueinsteiger lasse. Ungeachtet des Branchenriesen Heineken mit Marken von Gösser über Zipfer bis hin zu Puntigamer wächst die Zahl österreichischer Brauer: 60 waren es vor 30 Jahren – mittlerweile sind es trotz stagnierenden Bierkonsums mehr als 200. Statt gesoffen werde mehr genossen, so der Tenor.

Nicht alles, was Mateschitz angreift, wird freilich zu Gold. Sein Kombucha-Saft Carpe Diem etwa und sein Mineralwasser Botanic Water floppten. Er gab die Lizenz nach Millionenverlusten 2014 an seinen Abfüller Rauch ab. Energydrink-Dosen verkaufte er im Vorjahr gut sechs Milliarden. Der Umsatz im Getränkebereich stieg um ein Fünftel auf 3,2 Milliarden Euro. Der Gewinn legte in Summe zu.

Auf der Straße der Römer

Was es Mateschitz erleichtern dürfte, auch als Archäologe tätig zu sein. Neben seinem Schloss in Thalheim klafft derzeit ein langes und tiefes Loch. Stiegen führen hinab, unten legte der kleine südsteirische Archäologiebetrieb Argis Spuren einer römischen Siedlung frei. Überlegungen, sie durch eine Glasplatte für die Öffentlichkeit sichtbar zu machen, laufen. (Verena Kainrath, 7.10.2016)