Die Stimmung in der Partei war klar, der Augenblick schien günstig, also setzte die SPÖ-Führung zwischendurch auf eine kleine Kampagne gegen Ceta, das sollte die Genossen mobilisieren. Dazu gab es eine Mitgliederbefragung, deren Ergebnis man vorab schon wissen konnte: Ceta kommt gar nicht gut an. Aber Christian Kern, der neue Kanzler und Parteichef, sollte gut ankommen: die rote Speerspitze gegen das böse Freihandelsabkommen mit Kanada. Mit Details hält sich ohnedies niemand lange auf.

Jetzt hat Kern ein Problem: Er wird Ceta aller Voraussicht nach zustimmen. Offenbar erlag er der Erkenntnis, dass Österreich im Alleingang hier nicht ausscheren könne. Diese Kehrtwende zu erklären wird schwierig. Kern selbst hatte maßgeblich dazu beigetragen, die Stimmung gegen Ceta zu schüren.

Was Kern bei seinem Besuch in Straßburg tatsächlich erreicht hat, ob in der Zusatzerklärung zum Vertrag nun Relevantes drinsteht und ob das überhaupt verbindlich ist, das bleibt offenbar Interpretationssache. Die Erklärung des Kanzlers, wonach diese Verhandlungen eben "kein Kinderfasching" seien, wird da nicht ausreichen.

Die SPÖ wird wohl eine neue Kampagne starten müssen, um ihren Mitgliedern und allen anderen, die Ceta kritisch gegenüberstehen, zu erklären, warum Ceta doch nicht so schlecht ist und warum sich der Kanzler in seiner Einschätzung derart vertan hat. Der Fasching ist vorbei. (Michael Völker, 7.10.2016)