Can Dündar, Ex-Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet" und neuer Projektleiter im Team der deutschen Rechercheplattform Correctiv.

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Berlin – Weil in der Türkei Pressefreiheit "nur noch eine Fiktion" sei, starten die Macher der deutschen Rechercheplattform Correctiv und Can Dündar, Ex-Chefredakteur der türkischen Zeitung "Cumhuriyet", ein neues Projekt: eine Rechercheplattform auf Türkisch. Begründet wird der Schritt mit den Repressalien, mit denen türkische Journalisten und Medien konfrontiert sind.

"Wir wollen deshalb zusammen mit Can Dündar, dem bekanntesten regimekritischen Journalisten der Türkei, eine Redaktion aufbauen, die von Deutschland aus arbeitet und unabhängige Berichterstattung für die Türkei sowie für die türkischsprachigen Menschen in Deutschland ermöglichen soll. Die neue Redaktion soll für eine freiheitsliebende, demokratische Türkei stehen", heißt es auf der Seite von Correctiv.

"Da muss man jetzt gegenhalten"

Wie sich die Plattform finanzieren wird, ist noch unklar. Ein Teil des Geldes soll über Spenden aufgetrieben werden. Laut Correctiv-Gründer David Schraven könnte der Start noch in diesem Jahr erfolgen, sagt er zur "Taz": "Es gibt ja kaum noch unabhängige Medien in der Türkei. Auf die meisten Türken – in der Türkei und in Deutschland – schallt nur Hetzpropaganda ein. Da muss man jetzt gegenhalten."

Im Frühjahr 2014 hatte die türkische Zeitung "Cumhuriyet" unter der Chefredaktion von Cab Dündar über geheime Waffentransporte aus der Türkei an die Minderheit der Turkmenen in Syrien berichtet. Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete den Bericht als Spionage. Chefredakteur Dündar und der Leiter des Hauptstadtbüros in Ankara, Erdem Gül, wurden im Mai 2016 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dündar befindet sich seit einigen Monaten in Deutschland.

Seit dem vereitelten Putschversuch haben rund 3.000 Medienangestellte in der Türkei ihre Arbeitsplätze verloren. Betroffen sind vor allem Journalisten und Kameraleute, wie die türkische Gewerkschaft Disk am Freitag meldete. (red, 9.10.2016)