Fritz Neugebauer tritt nach 19 Jahren an der Spitze des GÖD aller Voraussicht nach nicht mehr an.

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Fritz Neugebauer geht. Aller Voraussicht nach tritt der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) nach 19 Jahren an der Spitze nicht mehr zur Wiederwahl an. Ein guter Anlass, um eines der interessantesten Biotope des österreichischen politischen Systems unter die Lupe zu nehmen – die Personalvertretung des öffentlichen Dienstes.

Wenn man sich die Wahlergebnisse zu den Bundes-Personalvertretungswahlen im Zeitverlauf ansieht (das schließt also Gemeinde- und Landesbedienstete aus), dann stechen vor allem zwei Dinge heraus. Zum einen ist das die dominante Stellung der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG). Selbst unter Schwarz-Blau im Jahr 2004 lag die FCG mehr als 15 Prozentpunkte vor den sozialdemokratischen Gewerkschaftern (FSG).

Zum zweiten fällt auf, dass bei den Personalvertretungswahlen des Bundes die großen politischen Verschiebungen, die es sonst in den vergangenen 30 Jahren gegeben hat, nicht stattgefunden haben. Die FPÖ-nahe AUF und die UGÖD (in der auch grüne Gewerkschafter organisiert sind) sind mittlerweile zwar etablierte Größen, aber vor allem die AUF bleibt weit unter jenem Niveau, das die FPÖ bundesweit erreicht. Es wirkt ein bisschen so, als hätte man die politischen Verhältnisse der 70er-Jahre eingefroren und taue sie alle paar Jahre mit nur leichten Änderungen wieder auf.

Eine zentrale Ursache für diese starren Verhältnisse ist, dass die Personalvertretungen in einer Vielzahl kleiner Wahlen bestimmt werden (ähnlich wie bei Betriebsratswahlen). Diese Kleinteiligkeit bedeutet, dass wir etwa nachvollziehen können, welche Ministerien eher rot ticken (Soziales, Verkehr, Gesundheit) und welche eher schwarz (Wirtschaft, Justiz, Finanzen). Außerdem wissen wir so, wo blaue und Grün-nahe Fraktionen ihre Hochburgen haben (Erstere bei Bundesheer, Justizwache und Exekutive, Letztere bei den Lehrern).

Die Kleinteiligkeit des Wahlvorgangs bietet aber auch einen Startvorteil für jene Gruppen, die von vornherein gut organisiert sind. Für kleinere Fraktionen ist es nämlich schwierig, Personal zu finden, um flächendeckend zu kandidieren. So gibt es in einer Mehrheit der Ministerien meist nur rote oder schwarze Listen zur Auswahl.

Hinzu kommt, dass im öffentlichen Dienst der gewerkschaftliche Organisationsgrad deutlich höher ist als in anderen Sektoren. Die GÖD stellt eines von fünf ÖGB-Mitgliedern (wobei Gemeindebedienstete gar nicht in der GÖD organisiert sind). Wie die zweite Grafik zeigt, ist im öffentlichen Dienst etwa jeder zweite Bedienstete Gewerkschaftsmitglied, gegenüber 22 Prozent in der Privatwirtschaft. Österreich liegt in puncto Organisationsgrad im Mittelfeld westeuropäischer Staaten, allerdings mit einer vergleichsweise großen Lücke zwischen öffentlichem und privatem Sektor.

Die öffentlich Bediensteten sind also politisch sehr gut organisiert. Wer auch immer Fritz Neugebauer nachfolgen wird, kann seine Machtposition auch auf dieser Tatsache begründen. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 10.10.2016)