Sozialminister Alois Stöger beim Besuch einer ÖBB-Lehrwerkstätte in Salzburg.

Foto: apa/Gindl

Wien – Rund 16.000 Jugendliche brechen jedes Jahr ihre Ausbildung ab. Das hat eine vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Studie des Instituts für Höhere Studien im Jahr 2015 ergeben. Anfang August wurde deshalb die Ausbildungspflicht für alle unter 18 Jahren beschlossen, künftig soll es sogar eine Ausbildungsgarantie bis 25 geben. Das soll Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen und Armut vermeiden helfen. Bereits gelten wird die Ausbildungspflicht ab 18 für Jugendliche, die 2017 die Pflichtschule beenden.

Für das Arbeitsmarktservice (AMS) bedeutet das voraussichtlich einen Ausbau der Lehrstellen in überbetrieblichen Lehrwerkstätten. Wie die Aufstockung tatsächlich aussehen wird, wird laut Pressesprecherin Beate Sprenger vom AMS Österreich erst 2017 entschieden.

Lehrabschluss als Investition in die Zukunft

Sprenger sieht in der Ausbildungspflicht bis 18 eine "wichtige und wertvolle Maßnahme", die in jedem Fall einen gesellschaftlichen Mehrwert habe. "Je besser Personen ausgebildet sind, desto besser sind ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt, und desto weniger laufen sie Gefahr, arbeitslos zu werden." Derzeit habe jeder Zweite, der beim AMS gemeldet ist, nur einen Pflichtschulabschluss. Die Gefahr, dass diese Menschen immer wieder arbeitslos werden, sei besonders groß. Die Arbeitslosenquote betrage bei Personen mit Pflichtschulabschluss derzeit 27 Prozent. Sobald jemand aber einen Lehrabschluss habe, sinke die Quote auf sieben Prozent, sagt Sprenger.

Kostenanstieg durch überbetriebliche Werkstätten

Die Ausbildungspflicht kostet laut einem Sprecher von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) im Vollausbau, der für 2019/20 geplant ist, jährlich etwa 57 Millionen Euro. 53,4 Millionen fließen in den Ausbau der Angebote, der Rest in Koordinierungsstellen, den Ausbau des Jugendcoachings, das Jugendliche nach der Schulpflicht unterstützen soll, einen passenden Berufs- oder Bildungsweg einzuschlagen, und andere strukturelle Maßnahmen. Da viele von der Ausbildungspflicht betroffene Jugendliche es schwer haben, auf dem "ersten Arbeitsmarkt", also in Betrieben, Fuß zu fassen, müssen mehr Plätze in überbetrieblichen Lehrwerkstätten zur Verfügung gestellt werden. Diese seien aber von den bereitgestellten Mitteln abgedeckt, so der Sprecher.

Im Rahmen der Ausbildungsgarantie fördert das AMS die überbetriebliche Lehrausbildung in Lehrwerkstätten und in Betrieben, die noch freie Kapazitäten haben. "Die 15-Jährigen kommen nach Ende der Pflichtschule im Juli ins AMS. Dort wird ihnen eine Lehrstelle vermittelt", erklärt Sprenger.

Keine Lehrwerkstätten auf dem Land

Die überbetriebliche Ausbildung funktioniere genauso wie eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt, sagt Sprenger. Überbetriebliche Lehrwerkstätten existieren aber vor allem in Großstädten und Ballungsräumen, auf dem Land könne man sie wegen der geringeren Zahl an Jugendlichen, die sich für eine Lehre entschließen, nicht anbieten. Deshalb erhalten Betriebe in diesen Regionen einen finanziellen Anreiz, um zusätzliche Lehrlinge aufzunehmen. So zahlen das AMS beziehungsweise die von ihm beauftragten Trägereinrichtungen den Lehrlingen eine Ausbildungsbeihilfe.

Gewerkschaft für mehr betriebliche Plätze

Auch die Gewerkschaftsjugend begrüßt grundsätzlich die Ausbildungspflicht als Erweiterung der Ausbildungsgarantie. ÖGJ-Bundessekretär Stefan Bartl verweist gleichzeitig aber darauf, dass es dazu bereits passende staatliche Angebote wie Produktionsschulen und überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen gebe. "Es muss vor allem in die ÜBAs verstärkt investiert werden, um neue Standorte zu erschließen, moderne Maschinen und weiteres Ausbildungsmaterial anzuschaffen sowie mehr Personal für die Betreuung der Jugendlichen einsetzen zu können", so Bartl.

Die Qualität der Ausbildung in diesen Einrichtungen müsse hohen Standards gerecht werden, damit die Jugendlichen rasch in die Betriebe wechseln können, fordert die ÖGJ. Für mehr betriebliche Ausbildungsplätze könnte die Lehrstellenförderung neu organisiert oder eine Ausbildungspflicht für Unternehmen eingeführt werden. (Elisabeth Kleinlercher, 7.11.2016)